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Blackboxing (Rhetorik)

Im Kontext als unfaire Diskussions- bzw. Verwirrungstaktik bezeichnet „Blackboxing“ verschiedene Strategien, eine Diskussionsposition gegen Angriffe abzuschirmen, indem ein Argument so vorgebracht wird, dass es vom Diskussionsgegner nicht mit vertretbaren Aufwand analysiert und weiter analysiert werden kann. Es wird somit zu einem „intransparenten“ Teil der Argumentation (einer „black box “).

Zum Beispiel:

Eine statistische Analyse von mehreren hunderttausend Internetnutzern hat ergeben, dass Reddit-Benutzer intelligenter sind als Facebook-Nutzer.

Der Begriff „statistische Analyse“ ist hierin eine solche „black box “, deren Inhalt für die meisten Diskusionsteilnehmerinnen und -teilnehmer intransparent sein dürfte.

Solche Formen von Blackboxing können ein wichtiges Warnsignal für möglichen Bullshit sein.

Andere Namen

  • Verschleierung
  • Obfuskation

Beschreibung

Der Begriff „statistische Analyse“ im obigen Beispiel enthält eine Reihe von Aspekten, die durchaus diskussionswürdig sind: Wie wurden die Benutzer ausgewählt? Welche Daten wurden gesammelt? Welche Aspekte der „Intelligenz“ wurden hier gemessen? Welche statistische Auswertung wurde gemacht? Und vor allem: Lassen die Ergebnisse tatsächlich einen solchen Schluss zu?

Ohne gute Vorkenntnisse in Bereichen wie pädagogischer Psychologie und quantitativer Sozialforschung einschließlich Statistik bleibt der Begriff „statistische Analyse“ eine undurchsichtige „black box “, welche die meisten Diskussionsteilnehmer nur als Ganzes akzeptieren können.

Oder aber, man versucht tatsächlich, die Studie zu analysieren und auf Schwachstellen abzuklopfen. In diesem Fall hat sich die Diskussion vom eigentlichen Thema auf die Details der Studie verlagert, was als Ablenkungsmanöver funktionieren kann.

Jargon

Der Gebrauch von Jargon ist ein beliebtes Mittel zum Blackboxing: Während es in Diskussionen zwischen Experten oft Sinn macht, komplexe Konzepte mit Fachausdrücken zu kommunizieren, werden Laien in dem Bereich so von der Diskussion ausgeschlossen. Dies geht auch oft mit der Implikation einher, dass man „selbst schuld“ sei, wenn man die Fachsprache nicht versteht, und dass man die Details besser den „Experten“ überlassen sollte (Selbstüberhebung § Gebrauch von Jargon zur Ausgrenzung).

Komplexitätsargument

Ein wichtiger (und auch meist gültiger) Grund für den Gebrauch von Jargonausdrücken ist, dass diese komplexe Sachverhalte in einem einzigen Wort oder Begriff ausdrücken. Aber auch auf andere Weise kann auf komplexe Konzepte verwiesen werden, die dann im Rahmen einer Diskussion quasi als „black box “ für nicht-Experten kaum noch durchschaubar sind.

Ein gutes Beispiel hierfür sind Verweise auf die „Wissenschaft“ als zugrundeliegende Methode. Dies kann auch indirekt geschehen – im Beispiel oben wird etwa auf „Statistik“ verwiesen, was auch eine wissenschaftliche Methode ist. Auf diese Weise wird auf ein komplexes, generell hoch angesehenes System verwiesen, welches generell zuverlässige Ergebnisse liefert. Ob dieser Anspruch auch im jeweiligen Kontext erfüllt wird, ist eine andere Frage – im Beispiel oben gäbe es wahrscheinlich gute Gründe, dies anzuzweifeln, allerdings müsste man dann das ganze komplexe Thema der wissenschaftlichen Methode und ihrer Anwendung auspacken.

Auf ähnliche Weise werden gerne Konzepte oder Technologien, welche gerade im öffentlichen Diskurs aufgehyped sind, referenziert, ohne dass diese sinnvoll ausgepackt werden können. Von der „Blockchain“ bis zur „künstlichen Intelligenz“ sind solche Verweise allzu oft nur „black boxes “, die Diskussionen über die Details verhindern sollen.

Abwehr und Vermeidung

Wird man in einer Diskussion mit einem möglichen „black boxes “-Begriff konfrontiert, sollte an erster Stelle stets die Frage stehen: Gibt es einen guten Grund, ein solches Blackboxed-Konzept zu verwenden – etwa, um ein komplexes Konzept effektiv zu kommunizieren – oder ist der vorrangige Zweck hier, eine Diskussion über Details zu unterbinden.

Im Zweifelsfall kann eine Rückfrage helfen, dies aufzuklären:

„Was genau meinen Sie mit ‚statistische Analyse‘? Wie wurden die Daten erhoben und was wie wurden diese analysiert?“
„Wie genau wird die ‚Blockchain‘ in der App eingesetzt und welchen Vorteil bringt das gegenüber anderen Technologien?“

So zwingt man den Redner, die black box quasi „auszupacken“ und eine Diskussion über genau die Details anzufangen, die womöglich vermieden werden sollten.

Hier zeigt sich auch schnell ob es wirklich um eine Ablenkung ging, oder „nur“ eine speziische Kommunikationsform war. Ein kompetenter Gesprächspartner wird die Gelegenheit zum „Fachsimpeln“ gerne aufgreifen; Wer abzulenken versucht hat, wird sich leicht in weiteren Ablenkungsmanövern – bis hin zu persönlichen Angriffen – verstricken.

Der Gebrauch solcher Blackboxing-Methoden ist so weit verbreitet, dass es

selbst für gutmeinende Diskutanten schwerfallen kann, diese zu vermeiden. Um nicht selbst (unabsichtlich) diesen Fehler zu machen, sollte man grundsätzlich Argumentationsweisen vermeiden, die darauf abzielen, andere Diskussionsteilnehmer auszuschließen, etwa indem man unnötigen Jargon verwendet oder intransparent auf externe Quellen verweist.

Insbesondere ist es sinnvoll, absolute Ansprüche zu vermeiden und mögliche Kritikpunkte bereits in der Argumentation vorwegzunehmen. So zeigt man auch, dass man sich mit der Problematik auseinandergesetzt hat und nicht einfach eine Form von Gish-Gallop-Taktik anwendet.

Zum Beispiel könnte die Aussage oben wie folgt umformuliert werden:

Es gab eine groß angelegte Studie zum Verhältnis von Intelligenz und dem Gebrauch verschiederer Sozialer-Medien-Platformen. Diese basierte auf freiwilligen Online-Befragungen und kam zu dem Schluss, dass einige Plattformen, wie zum Beispiel Reddit, attraktiver sind für Zielgruppen mit höherem IQ, während andere, wie zum Beispiel Facebook, diese Zielgruppe eher abschrecken. Solche Studien leiden gewöhnlich unter zahlreichen methodologischen Problemen, aber eine grundsätzliche Tendenz kann man daraus sicher ableiten.1)

Anstatt eines Verweises auf eine „black box “, in die andere Teilnehmer nicht hineinschauen können, wird auf diese Weise nun die Studie wenigstens in groben Umrissen erklärt, es werden mögliche Kritikpunkte kommuniziert und der Schluss ist nachvollziehbar, auch ohne sich mit Problemen wie statistischen Auswahleffekten beschäftigen zu müssen.

Siehe auch

1)
Hinweis: mir ist keine solche Studie bekannt. Dies ist nur ein Beispiel.

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