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Appell an Emotionen

Anstatt sachliche Argumente für eine Position vorzubringen wird an die Emotionen des Publikums appelliert.

Beispiel:

Aber denkt doch an das Leiden der Kinder!

Ein wahres oder vermeintliches Leid von Kindern heranzuziehen, um eine wie auch immer geartete politische Position emotional zu unterfüttern, wurde in den letzten Jahren so übermäßig bemüht, dass der Ausdruck: „Denk’ an die Kinder!“ heute meist ironisch gebraucht wird, um sich über Politiker lustig zu machen, die keinerlei sachliche Argumentation leisten, sondern ausschließlich an Emotionen zu appellieren versuchen.

Wenn also das diskutierte Thema nicht gerade spezifisch das Kindeswohl ist, sollte man so etwas besser vermeiden!

Andere Namen

Beschreibung

Es zeichnet einen guten Redner aus, dass er sein Publikum auch emotional erreichen kann und nicht nur trockene Fakten aufzählt. Da kann die Versuchung groß sein, auf die Fakten gleich zu verzichten und stattdessen vorrangig oder sogar alleine auf die Macht der Emotionen zu setzen – insbesondere wenn man so von unliebsamen Sachargumenten ablenken kann, oder womöglich selbst gar keine guten sachlichen Argumente hat.

Emotionen – wenn sie gekonnt aktiviert werden – können eine starke Wirkung beim Publikum auslösen, im Extremfall können sie dazu führen, dass diese gar nicht mehr für rationale Argumente zugänglich sind. Wenn dies gelingt, hat der Redner das Publikum „gewonnen“ (Rabulistik)

Aber eine solche Reduktion des Problems auf emotionale Aspekte kann sich auch gegen den Redner wenden: Wer meint, sachlich fundierte Gegenargumente zu haben, wird sich „verarscht“ fühlen, wenn der Gegner nicht an einer sachlichen Diskussion teilnimmt, was zu einer ebenso emotionalen Gegenreaktion führen kann (Provokation).

Wichtig für die Abgrenzung als unfaire Diskussionstaktik ist dabei die Frage, ob Emotionen zusätzlich zu rationalen Argumenten gebraucht werden, um diese besser zu transportieren, oder ob sie anstelle von diesen verwendet werden, um eine Diskussion auf sachlicher Ebene zu verhindern (Ablenkungsmanöver).

Auch ein Argumentum ad consequentiam (Verweis auf Konsequenzen) bzw. ad baculum (Drohungen) kann als eine Form von Appell an Emotionen gebraucht werden. In diesem Fall gelten auch die Einschränkungen dieser Argumentformen.

Backfire-Effekt

Das richtige Maß an Emotionalität zu finden ist eine Herausforderung für jeden Redner. Was dies so schwer macht, ist dass dies in hohem Maße von der jeweiligen Situation und vom Publikum abhängig ist – und den „falschen Ton“ zu treffen kann die Glaubwürdigkeit des Redners bzw. der Rednerin stärker beschädigen, als man durch ein Mehr an Emotionen gewinnen könnte.

Mehr noch: ein allzu plumper Versuch, andere durch Emotionen zu manipulieren, kann zu einer trotzigen „jetzt erst recht“-Reaktion führen, die genau das Gegenteil von dem bewirkt, was der Redner womöglich im Sinne hatte. Im Zweifelsfall sollte man daher eher vorsichtig mit diesem Stilmittel umgehen.

Hinweis: Insbesondere sollte man nicht den Fehler machen, sich allzu sehr an erfolgreichen US-amerikanischen Rednern zu orientieren. Das Maß an Emotionalität, das dort geradezu erwartet wird, wäre im europäischen Kontext in den allermeisten Situationen völlig fehl am Platz.

Varianten

Ein Appell an Emotionen kann im Prinzip auf jede Form von Emotion gerichtet sein – sowohl positive als auch negative Emotionen kommen hierfür in Frage.

Angst

Ein Appell an die Angst (Argumentum ad metum) besteht, wenn Ängste geschürt werden, die dazu führen, dass die Diskussion nicht mehr rational weiter geführt werden kann.

Dabei ist der Begriff „Angst“ sehr weit auszulegen. Dazu gehören z.B. existentielle Ängste wie in den folgenden Beispielen:

  • Der Klimawandel wird die Erde in eine unbewohnbare Einöde verwandeln!
  • Die Regierung betreibt einen geheimen Plan, die Bevölkerung auszutauschen!
  • Wenn die Arbeiter der Gehaltskürzung nicht zustimmen, werden wir den Standort hier schließen und sie alle entlassen.

Ebenso wie Ängste, die von der Werbung geschürt werden:

  • Benutze dieses Shampoo, wenn du deine Haare behalten willst!
  • Haben immer dieses Medikament im Haus, um vorbereitet zu sein, falls du einmal Blähungen bekommst!

Auch die Angst, etwas zu verpassen, kann man hierzu zählen:

  • Andere Leute haben bereits Millionenvermögen mit Cryptowährungen gemacht. Kaufe jetzt Bitcoins!
  • Alle benutzen jetzt die neuste Generation der Spielkonsolen. Mit der alten Kiste kann man nicht mehr viel anfangen.

Und schließlich kännen auch Konsequenzargumente (Argumentum ad consequentiam) oder Drohungen (Argumentum ad baculum) unter bestimmten Umständen darauf abzielen, beim Gegenüber Angst zu erzeugen.

Gehässigkeit

Ein Argument aus Gehässigkeit (Argumentum ad odium) beruft sich auf bestehende negative Gefühle gegenüber einer Person oder Gruppe und benutzt diese als (Pseudo-)Argument.

  • Verbrecher verdienen es auch, dass sie im Gefängnis möglichst schlecht behandelt werden.
  • Wozu brauchen Politiker auch noch ein Dienstfahrzeug? Die sollen ruhig zu Fuß gehen!
  • Sollen die Flüchtlinge halt ertrinken. Warum fahren sie auch mit schiffbrüchigen Booten aufs Meer?

Neid

Auch ein Argument aus Neid (Argumentum ad invidiam) appelliert an niedere Gefühle:

  • Euer Chef verdient das Vielfache von euch. Wollt ihr euch das wirklich gefallen lassen?
  • Die Arbeitslosen haben ja alle Zeit der Welt, da können die ruhig ehrenamtlich für uns Leistungsträger arbeiten.
  • Wer so ein Bonzenauto fährt, der kann sich auch ein paar neue Reifen leisten, wenn wir sie ihm aufstechen!

Rachegefühle

Auch das Gefühl, sich für (wirkliches oder vermeintliches) Unrecht rächen zu müssen, kann eine starke Emotion sein, die unter diese Kategorie fällt:

  • Wir haben noch eine Rechnung mit den Franzosen offen. Dieses Mal werden wir sie demütigen!
  • Jemand aus der Nachbarstadt hat eine unserer Töchter geschändet! Wollen wir uns das einfach gefallen lassen?
  • Die Männer haben Frauen über Jahrhunderte benachteiligt. Da ist es angemessen, dass wir [Frauen] jetzt Männer diskriminieren!

Stolz

Auch der Stolz auf etwas kann so eingesetzt werden (Argumentum ad superbiam). Für uns heute klingt das folgende eher befremdlich, aber wir sollten nicht vergessen, dass dies auch bei uns lange Zeit eine plausible Argumentationsweise war:

  • Für das glorreiche Vaterland ist es eine heilige Pflicht in den Kampf zu ziehen!

Ähnliche Sprüche, welche darauf abzielen, den Stolz auf die Volks- oder Familienzugehörigkeit, gesellschaftliche Klasse oder sonstige Identitätsgruppe anzufeuern, finden sich auch heute noch – wenn heute auch meist in einer etwas weniger offensichtlichen Form:

Schmeichelei

Eng verwandt mit dem Stolz (und auch oft als „Argumentum ad superbiam“ bezeichnet) ist was man als Schmeichelei oder Lobhudelei bezeichnen kann:

  • Ihr seid doch viel zu intelligent um an Geschichten aus einem alten Buch zu glauben!
  • Jemand wie Sie steht doch über solchen Dingen und wird wegen so eine Lapalie doch keinen Rechtsstreit anfangen.

Mitleid

Ein Appellieren an das Mitleid (Argumentum ad misericordiam) kann z.B. so aussehen:

  • Spenden Sie, um armen hungernden Kindern in Afrika zu helfen!

Hier ist zu beachten, dass es zwischen einem Appel an das Mitleid und einem, nicht einen fundamentalen Attributionsfehler zu begehen, eine recht breite Überschneidung gibt. Dies wird deutlich, wenn man sich eine Aussage wie die folgende ansieht:

Euer Ehren, durch seine Lebensumstände sah mein Mandant keinen anderen Ausweg um seine Familie zu ernähren, als durch Diebstähle zu Geld zu kommen!

Alleine, dass eine Situation in sich mitleiderredend ist, macht den Hinweis auf diese nicht zu einem (unzulässigen) Appel an Emotionen.

Schuldgefühle

Für einen Appell an Schuldgefühle hat sich der englische Ausdruck „guilt-tripping“ etabliert.

  • Die europäischen Länder haben Afrika jahrhundertelang ausgebeutet – es wird Zeit, das wieder gut zu machen.
  • Nachdem Sie schon das letzte Projekt versemmelt haben, könnten Sie diesnmal ruhig etwas extra Arbeit hineinstecken.

Hoffnung

Auch ein eigentlich positives Gefühl wie Hoffnung kann auf manipulative Weise verwendet werden:

  • Wir gehen durch eine harte Zeit, aber die Zukunft wird umso rosiger werden.

U.s.w.

Einschränkungen

Wie auch bei anderen Formen gibt es auch hier Situationen in denen ein Appell an Emotionen durchaus angemessen sein kann.

Zunächst einmal spricht wenig dagegen, sachliche Argumente zusätzlich mit Emotionen zu unterstützen. Zu einem Argumentationsfehler wird dies erst, wenn die Emotionen deutlich den Vorrang vor den Sachargumenten bekommen.

Aus dem gleichen Grund ist alleine, dass eine Rede emotional geführt wird, kein Hinweis auf eine Fehlargumentation. Man kann gute Argumente haben und gerade deshalb auch eine starke emotionale Verbindung zu dem Thema. Es gibt keinen Grund, etwa Ärger oder Freude zu verstecken, wenn die Situation einem tatsächlich Ärger oder Freude bereitet. Auch hier gilt die Einschränkung: dies gilt nur solange die Emotionen nicht zu einem wichtigeren Thema werden als die sachlichen Argumente (siehe hierzu auch: Tonargument).

Umgekehrt ist natürlich die Tatsache, dass jemand eine Position sehr emotional vertritt, kein Grund, daraus zu schließen, dass die Argumente besonders gut sein müssten.

FIXME Dieser Artikel ist noch in Bearbeitung und daher unvollständig.

Siehe auch

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