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rhetorik:ablenkungsmanoever:ad_hominem:motivunterstellung [10.04.23, 15:14:42] – Externe Bearbeitung 127.0.0.1rhetorik:ablenkungsmanoever:ad_hominem:motivunterstellung [03.08.23, 12:12:11] sascha
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-====== Motiv­­unter­stellung ======+====== Motivunterstellung ======
  
 Rhetorischer Angriff auf die Person (//[[rhetorik:ablenkungsmanoever:ad_hominem:hauptseite|ad hominem]]//), in dem dieser ein externes Motiv für die vertretene Meinung unterstellt wird. Rhetorischer Angriff auf die Person (//[[rhetorik:ablenkungsmanoever:ad_hominem:hauptseite|ad hominem]]//), in dem dieser ein externes Motiv für die vertretene Meinung unterstellt wird.
  
 Zum Beispiel: Zum Beispiel:
-> A: Wissenschaftliche Studien haben erwiesen, dass homöopathische Behandlungs­­methoden keinen über den Placebo-Effekt hinaus­­gehende positive Wirkung auf Patienten haben. +> A: Wissenschaftliche Studien haben erwiesen, dass homöopathische Behandlungsmethoden keinen über den Placebo-Effekt hinausgehende positive Wirkung auf Patienten haben. 
-> B: <u questionable "Motivunterstellung">Kein Wunder, dass Sie das sagen, ich weiß doch, dass Sie Aktien von Pharma-Unter­nehmen besitzen!</u>+> B: <u questionable "Motivunterstellung">Kein Wunder, dass Sie das sagen, ich weiß doch, dass Sie Aktien von Pharma-Unternehmen besitzen!</u>
  
-Offensichtlich ist es für die Frage, ob A ein stichhaltiges Argument vorgebracht hat oder nicht, völlig gleich­gültig, ob er wirklich ein finanzielles Interesse am wirtschaftlichen Erfolg von Pharma-Unternehmen hat. Das Argument, das A vorbringt, wird durch die Aussage von B nicht widerlegt.+Offensichtlich ist es für die Frage, ob A ein stichhaltiges Argument vorgebracht hat oder nicht, völlig gleichgültig, ob er wirklich ein finanzielles Interesse am wirtschaftlichen Erfolg von Pharma-Unternehmen hat. Das Argument, das A vorbringt, wird durch die Aussage von B nicht widerlegt.
  
 Übrigens gilt dasselbe auch umgekehrt: auch wenn ein Verfechter der Homöopathie an dieser Geld verdient, ist das alleine //kein// Argument für oder wider die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode. Übrigens gilt dasselbe auch umgekehrt: auch wenn ein Verfechter der Homöopathie an dieser Geld verdient, ist das alleine //kein// Argument für oder wider die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode.
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   * <i :en>Vested interest</i>   * <i :en>Vested interest</i>
  
-Für einige Formen gibt es z.T. auch spezifische Be­griffe, z.B. „<i :la "(Argument) des Zorns">(Argu­mentum) ad iram</i>“ für eine Unter­stellung, jemand sei durch Zorn oder Hass geleitet.+Für einige Formen gibt es z.T. auch spezifische Begriffe, z.B. „<i :la "(Argument) des Zorns">(Argumentum) ad iram</i>“ für eine Unterstellung, jemand sei durch Zorn oder Hass geleitet.
  
 ===== Beschreibung ===== ===== Beschreibung =====
  
-Dem Gegner ein externes Motiv für eine ver­tretene Meinung zu unter­stellen, richtet sich nicht sach­lich gegen das Argu­ment an sich (<em :la "Lat.: gegen die Sache">ad res</em>), sondern ist ein Argu­ment gegen die Person, die das Argu­ment vor­trägt. Genauer wird dem Gegner damit das Recht ab­ge­sprochen, eine Posi­tion ver­treten zu „dürfen“, damit zählt dies zu den „per­forma­tiven <i :la>[[rhetorik:ablenkungsmanoever:ad_hominem:hauptseite|Ad Hominem]]</i>“-Argumenten. Auch der Begriff „Befangenheits-<i :la>Ad-Hominem</i>“ wird hierfür gebraucht.+Dem Gegner ein externes Motiv für eine vertretene Meinung zu unterstellen, richtet sich nicht sachlich gegen das Argument an sich (<em :la "Lat.: gegen die Sache">ad res</em>), sondern ist ein Argument gegen die Person, die das Argument vorträgt. Genauer wird dem Gegner damit das Recht abgesprochen, eine Position vertreten zu „dürfen“, damit zählt dies zu den „performativen <i :la>[[rhetorik:ablenkungsmanoever:ad_hominem:hauptseite|Ad Hominem]]</i>“-Argumenten. Auch der Begriff „Befangenheits-<i :la>Ad-Hominem</i>“ wird hierfür gebraucht.
  
 ==== Indirekte Unterstellung ==== ==== Indirekte Unterstellung ====
  
-Solche Unterstellungen können auch indirekt geschehen, indem man vorgeblich dem „Argument“ eine Motivation unterstellt, damit aber natürlich den Redner meint (//Argumente// haben keine Moti­va­tionen, //Menschen// haben Motivationen):+Solche Unterstellungen können auch indirekt geschehen, indem man vorgeblich dem „Argument“ eine Motivation unterstellt, damit aber natürlich den Redner meint (//Argumente// haben keine Motivationen, //Menschen// haben Motivationen):
  
 > A: Es sollte eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen geben, da dies die Zahl der schweren Unfälle mit Todesopfern verringern würde. > A: Es sollte eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen geben, da dies die Zahl der schweren Unfälle mit Todesopfern verringern würde.
 > B: <u questionable "Motivunterstellung">Solche Argumente sind gewöhnlich von dem Neid motiviert, dass Leute, sich teurere Autos leisten können und damit schneller fahren als man selber.</u> > B: <u questionable "Motivunterstellung">Solche Argumente sind gewöhnlich von dem Neid motiviert, dass Leute, sich teurere Autos leisten können und damit schneller fahren als man selber.</u>
  
-Hier wird zwar explizit das „Argument“ erwähnt (und angegriffen), tatsächlich aber dem Redner A implizit unter­stellt, (ebenfalls) durch Neid motiviert zu sein (<span maniculus "dies ist verwandt zum folgenden Thema:">[[abstraktion:reifikation|Rei­fika­tion]]</span>).+Hier wird zwar explizit das „Argument“ erwähnt (und angegriffen), tatsächlich aber dem Redner A implizit unterstellt, (ebenfalls) durch Neid motiviert zu sein (<span maniculus "dies ist verwandt zum folgenden Thema:">[[abstraktion:reifikation|Reifikation]]</span>).
  
 ==== Implizierte Unterstellung ==== ==== Implizierte Unterstellung ====
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 Allerdings sollten in jedem Fall auch stichhaltige Beweise für ein vermeintliches Motiv vorgebracht werden können. Diese einfach zu behaupten reicht jedenfalls nicht aus. Allerdings sollten in jedem Fall auch stichhaltige Beweise für ein vermeintliches Motiv vorgebracht werden können. Diese einfach zu behaupten reicht jedenfalls nicht aus.
 +
 +<aside info>
 +**Anmerkung:** Die Frage, wann //Befangenheit// vorliegt und wann nicht, ist weitaus komplexer, als sie hier in aller Kürze dargestellt werden kann. Um die Tragweite dieses Themas zu verdeutlichen, braucht man sich nur vor Augen zu führen, wie oft Politiker in Skandale verwickelt werden, weil sie diese Frage anders interpretieren als die Bevölkerung (oder zumindest als die Opposition).
 +</aside>
  
 ==== Interessenvertretung ==== ==== Interessenvertretung ====
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 Umgekehrt wäre der Vorwurf an den Anwalt, er verteidige z.B. den Angeklagten nur, weil er dafür bezahlt wird, widersinnig. Der gegnerische Anwalt tut sicher das gleiche. Umgekehrt wäre der Vorwurf an den Anwalt, er verteidige z.B. den Angeklagten nur, weil er dafür bezahlt wird, widersinnig. Der gegnerische Anwalt tut sicher das gleiche.
  
-Ähnliches gilt auch für eine Reihe von anderen Berufsständen: z.B. für Lobbyisten oder Pressesprecher u.s.w.+Ähnliches gilt auch für eine Reihe von anderen Berufsständen: z.B. für Interessenvertreter oder Pressesprecher u.s.w
 + 
 +===== Weitere Beispiele ===== 
 +==== Befangenheit bei Anschaffungsentscheidungen ==== 
 + 
 +Als konkretes Beispiel für die Komplikationen, die mit der Frage der Befangenheit verbunden sind, kann man sich folgende Situation vorstellen, wie sie in Unternehmen oder Behörden immer wieder vorkommen kann: 
 + 
 +> A: „Wir sollten unsere <abbr>IT</abbr> vollständig auf Produkte der Firma <abbr>XYZ</abbr> umstellen, da diese am besten unseren Bedürfnissen entsprechen.“ 
 +> B: „Da Sie viel Zeit und Geld in Ihre Zertifizierung für die Administration der Produkte dieser Firma investiert haben, haben Sie doch sicher auch ein persönliches Interesse daran, dass wir an diese Produktfamilie gebunden sind. Ich würde daher empfehlen, diese Frage von einer neutralen Partei beurteilen zu lassen“. 
 + 
 +Dieses Beispiel ist bewusst gewählt, da hier verschiedene, widersprüchliche Ziele gegeneinander abgewogen werden müssen: Einerseits liegt es im Interesse praktisch jeder Organisation, gut ausgebildete Mitarbeiter zu haben – insbesondere in einem Bereich wie der <abbr>IT</abbr> – und nicht umsonst sind solche Produktzertifizierungen begehrte Nachweise für Expertenwissen in den jeweiligen Bereichen. 
 + 
 +Solche Mitarbeiter verfügen in der Regel auch über ein gutes allgemeines technisches Wissen, und es liegt sicherlich im Interesse der Organisation, dieses Wissen auch Fragen zu nutzen – wie z.B. hier für Entscheidungen zur strategischen Entwicklung der <abbr>IT</abbr>). 
 + 
 +Gleichzeitig haben diese Mitarbeiter dann aber auch ein persönliches Interesse daran, dass genau die Produkte, für die sie die Zertifizierungen erworben haben (ein sehr zeitaufwändiger und oft auch recht teurer Prozess), dann auch eingesetzt werden. Dies verbessert die weiteren Berufs- und Aufstiegschancen und dürfte sich zumindest langfristig auch monetär auszahlen. 
 + 
 +Unter diesen Umständen tut B gut daran, hier darauf zu bestehen, dass eine neutrale Partei in den Entscheidungsprozess einbezogen wird (es bleibt zu hoffen, dass eine solche auch gefunden werden kann).
  
 ===== Siehe auch ===== ===== Siehe auch =====

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