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Wunschdenken

Meinungen oder Haltungen, die nicht aufgrund von Tatsachen, sondern aufgrund der eigenen Wünsche oder Vorstellungen gebildet werden, welche wiederum nicht die Realität widerspiegeln.

Beispiel:

Ich wünschte mir, es gäbe Engel.
Deswegen gibt es Engel!

In einer so expliziten Form dürfte selbst der Denkfehler jedem offensichtlich werden, daher wird man dem Wunschdenken gewöhnlich in subtileren, eher impliziten Formulierungen begegnen. Eine Aussage wie die folgende hat sicher jeder schon einmal gehört:

Tief im Herzen weiß ich, dass unser Fußballteam die Meisterschaft gewinnen wird!

Tatsächlich kann niemand vorher wissen, wie die Meisterschaft ausgehen wird. Im besten Fall stehen die Chancen für manche Teams besser als für andere, aber an den Gewinn zu glauben, weil man es gerne so hätte, ist ein – in diesem Fall wohl eher harmloser – Denkfehler.

Zu einem Problem kann ein solcher Denkfehler aber werden, wenn man wichtige Entscheidungen auf der Basis von solchem Wunschdenken trifft: etwa wenn man hohe Wetten auf den Gewinn seiner Lieblings­mannschaft abschließt.

Andere Namen

Beschreibung

Die grundsätzliche Denkweise hinter diesem Denkfehler ist:

Ich/wir wünschten, X wäre wahr.
Darum ist X wahr.

Oder:

Es wäre in meinem/unserem Interesse wenn X wahr wäre.
Daher ist X wahr.

In vielen Situationen ist Wunschdenken verwandt mit dem Argument aus Konsequenzen, wenn man nämlich aus einer realistischeren Einschätzung der Situation unerwünschte Konsequenzen ziehen müsste. Etwa hier:

Ich rauche jeden Tag eine Schachtel Zigaretten.
Wenn ich akzeptieren würde, dass dies gesundheitsschädlich ist, müsste ich die Konsequenz ziehen und mit dem Rauchen aufhören.
Also ist es nicht gesundheitsschädlich.

Bedeutung

Auch wenn es anhand der Beispiele hier so erscheint, als beträfe dieser Denkfehler vor allem absurde und abwegige Wunschvorstellungen, tatsächlich dürfte wohl jeder zumindest manchmal dem Wunschdenken aufsitzen. Wir alle glauben manchmal an Dinge, an die wir glauben wollen.

Abwehr

Sich selbst zuverlässig gegen Wunschdenken abzuhärten, dürfte unmöglich sein, man kann sich aber antrainieren, solche Denkfehler wenigstens manchmal zu erkennen, indem man sich immer mal wieder selbst fragt:

Glaube ich dies vieleicht vor allem, weil ich es gerne hätte, dass es war ist?

Beispiele

Religion

Zyniker bezeichnen Religion oft als gemeinschaftliche Aktionen im Wunschdenken. Zumindest einige typischen religiösen Denkweisen legen diesen Schluss tatsächlich nahe, etwa die folgende:

Ich möchte nicht wahrhaben, dass ich mit dem Tod einfach verschwinde.
Deswegen muss es ein Leben nach dem Tod geben.

Dasselbe gilt auch für die buddhistische bzw. hinduistische Variante:

Deswegen muss es Wiedergeburt geben.

Ein weiteres Beispiel für eine solche Denkweise beruht auf dem Wunsch nach Gerechtigkeit, der sich etwa wie folgt formulieren ließe:

Ich möchte es nicht wahr haben, dass Menschen ungesühnt Böses tun.
Daher werden sie nach ihrem Tod in der Hölle bestraft werden.

Auch hier die buddhistisch/hinduistische Variante:

Daher werden sie im nächsten Leben als niederes Tier wiedergeboren.

Allerdings ist die Anwendbarkeit der Logik für religiöse Themen ohnehin eingeschränkt (siehe FAQs).

Politik

Ausdrücke des Wunschdenkens sind in der politischen Diskussion häufig zu finden und jeder politisch interessierte Mensch kann sicherlich spontan viele Beispiele finden, wo die jeweiligen politischen Gegner diesen Fehler begehen oder zumindest vermeintlich begehen.

Aus aktuellem Anlass, hier ein Beispiel für eine möglicherweise überfällige Infrastrukturmaßnahme:

Experten bescheinigen einer wichtigen Brücke, dass sie dringend renovierungsbedürftig sei.
Die Renovierung kostet viel Geld, welches wir lieber für andere Projekte verwenden würden.
Es wäre besser für uns, wenn die Experten sich irrten.
Also irren sich die Experten.

Gesundheit / Alternative Heilmittel

Im Gesundheitsbereich scheint das Bedürfnis nach Wunscherfüllung besonders hoch zu sein. Anders kann man die Masse an immer neuen Gesundheitstrends sowie pseudo­wissenschaftlichen Behandlungsmethoden u.ä. kaum erklären.

Offenbar gibt es insbesondere eine Tendenz, etablierten Autoritäten in diesem Bereich zu misstrauen und seine Hoffnung eher in Alternativen zu investieren, die möglichst dem etablierten Konsens zuwiderlaufen.

Dahinter scheint eine Form von Wunschdenken zu liegen, die sich vielleicht am besten so zusammenfassen ließe:

Ich wünschte mir, es gäbe einen einfacheren Weg, Gesundheit zu erlangen oder zu bewahren, als die Methoden der etablierten Medizin.
Deshalb sind alternative Heilmethoden besser als etablierte.

Oder – schon als Beispiel für magisches Denken:

Ich wünschte mir, es gäbe magische Kräfte, welche die Wissenschaft nicht erklären kann (aber die ich und wenige Auserwählte entdeckt haben)
Deshalb gibt es magische Heilmittel.

In jedem Fall kann man nur empfehlen, jede dieser Methoden sorgfältig und kritisch zu hinterfragen, bevor man damit seine Gesundheit, oder die von anderen aufs Spiel setzt.

Gesundheit / Pandemie

Eine besonders schädliche Form von Wunschdenken konnte man im Laufe der Covid-19-Pandemie be­ob­achten. Zugegebenermaßen haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Erkrankung für viele zu ex­tremen Härten geführt. Es ist also durchaus verständlich, dass man sich wünscht, diese seien überhaupt nicht not­wendig:

Wenn der Corona-Virus nur mit einer Grippe vergleichbare Folgen hätte, könnte man die Ein­dämm­ungs­maß­nahmen aufheben.
Also sind die Folgen einer Covid-19-Infektion nicht schlimmer als die einer Grippe.

Hat man einmal eine solche Denkweise gefunden, kann es leicht passieren, dass man nur noch „Argumente“ wahrnimmt, die diese Sichtweise zu bestätigen scheinen (Bestätigungsneigung). Von dort ist es nicht mehr weit zu alternativen Fakten und im Extremfall auch zu Verschwörungstheorien.

Dabei dürfen die jeweiligen Maßnahmen selbstverständlich jederzeit hinterfragt werden. Dies sollte aber auf­grund von anerkannten Fakten und Tatsachen geschehen. In keinem Fall aufgrund von Rosinenpicken und dem Gebrauch von Strohmann-Argumenten, wie man es leider häufig beobachten konnte.

Gerechtfertigte Anwendung

Wenn der Ausdruck eines Wunsches nicht in einer irrationalen Meinung oder Haltung begründet ist, sondern in einem Wunsch, der tatsächlich oder zumindest potenziell erfüllbar ist, handelt es sich nicht automatisch um einen Denkfehler. Etwa wie folgt:

Ich wünschte, wir führen diesen Sommer in die Berge!
Also fahren wir diesen Sommer in die Berge.

Auch ein letztlich unerfüllbarer Wunsch kann sinnvoll sein, wenn ein Hinarbeiten auf seine Erfüllung sinnvoll ist. Zum Beispiel:

Ich wünschte mir, es gäbe keine Kriege und Konflikte mehr auf dieser Welt!

Auch wenn das Endziel auf absehbare Zeit wohl nicht erreichbar sein dürfte, stellt doch jeder noch so kleine Schritt auf dieses Ziel hin eine Verbesserung der Lebensbedingungen dar, weswegen der Wunsch gerecht­fertigt sein sollte.

Siehe auch

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