Benutzer-Werkzeuge

Äquivokation

Wird ein Begriff in mehreren verschiedenen Bedeutungen gebraucht, spricht man von „Äquivokation“.

Werden gleichlautende Begriffe in verschiedenen Bedeutungen benutzt, kann das zu Missverständnissen und logischen Mehrdeutigkeitsfehlern führen.

Zum Beispiel:

Alle Linsen sind Hülsenfrüchte.
Alle Fotoapparate enthalten Linsen.
Daraus folgt: Alle Fotoapparate enthalten Hülsenfrüchte.

Offensichtlich beschreibt das Wort „Linsen“ hier zwei verschiedene Dinge:

  1. Die Früchte der Lens culinaris (Küchen-Linse).

Dadurch dass sie sich auf unterschiedliche Dinge beziehen, ist die „Extension“ der Begriffe nicht identisch. Man kann das so verstehen, dass dies eigentlich zwei verschiedene Begriffe sind, sie nur „zufällig“ gleichlauten.

Mehr zum Konzept der Extension im Artikel „Extension und Intension“.

Homonyme

Die wichtigsten Formen von Äquivokationen fallen unter den Oberbegriff „Homonymie“, d.h. Wörter, welche gleich lauten, aber unterschiedliche Bedeutungen haben. Umgangssprachlich wird hierfür manchmal auch der Begriff „Teekesselchen“ (nach dem Wörterspiel mit dem gleichen Namen) verwendet.

Darunter fallen Wörter, welche identisch sind, aber unterschiedliche Bedeutungen haben. Dies wird auch als „Polysemie“ bezeichnet.

Beispiele für solche Polysemien sind:

  • Bank (Sitzgelegenheit  ) / Bank (Geldinstitut  )
  • Pferd (Reittier) / Pferd (Schachfigur) / Pferd (Turngerät ) / …
  • Läufer (laufende Person) / Läufer (bewegliches Maschinenteil  ) / Läufer (Farbtropfen) / …

Werden Worte zwar gleich geschrieben, aber unterschiedlich ausgesprochen (d.h. die Mehrdeutigkeit besteht nur in der Schriftsprache), spricht man von Homographen. Beispiele für Homographen in der deutschen Sprache sind:

  • umfahren (überfahren) / umfahren (um etw. herum fahren)
  • modern (neuartig) / modern (vergammeln)
  • Montage (Wochentage) / Montage (Aktivität des Montierens)

Umgekehrt gibt es auch Worte, die zwar aufgrund einer identischen oder sehr ähnlichen Aussprache verwechselt werden können, sich aber in ihrer Schreibweise unterscheiden. Diese bezeichnet man als Homophone. Beispiele hierfür sind:

  • malen / mahlen
  • Ferse / Verse
  • Wagen / Waagen / wagen

Dabei bezieht sich Homonymie nur auf Mehrdeutigkeiten, die in einem spezifischen Wort oder Ausdruck angelegt sind. Bei Mehrdeutigkeiten im Satzbau (grammatikalische Ambiguitäten), spricht man von Amphibolien. Diese werden im nächsten Artikel besprochen.

Konkrete und abstrakte Begriffe

Grundsätzlich sind Äquivokationen meist relativ leicht zu erkennen, sofern sie sich auf konkrete Dinge beziehen (etwa „Linsen“). Dagegen ist die Mehrdeutigkeit bei abstrakten und womöglich eher unscharf definierten Begriffen nicht immer so leicht zu durchschauen.

Der folgende (Fehl-)Schluss zeigt, wie subtil eine solche eine Vermischung von abstrakten und konkreten Bedeutungen sein kann:

Die Evolutionstheorie besagt, dass sich „Tiere“ durch Evolution an veränderte Lebensräume anpassen.
Noch nie hat jemand ein Tier bei der Evolution beobachtet.
Folglich ist die Evolutionstheorie falsch.

Hierin bezieht sich „Tiere“ in der ersten Prämisse auf die verschiedenen Gattungen von Lebewesen (im abstrakten Sinn), während es sich in der zweiten konkret auf spezifische Lebewesen bezieht. Auch dies ist eine Form von Äquivokation und der Schluss daher ungültig

Äquivokation von anderen Wortarten

Nicht nur die Begriffe selbst können mehrdeutig sein, sonder auch z.B. die Verben, durch die eine Beziehung zwischen den Begriffen hergestellt wird. Dies betrifft besonders Ausdrucksweisen der natürlichen Sprache, die oft nicht die gleichen Anforderungen an Genauigkeit erfüllt wie formelle logische Ausdrücke. So etwa in dem folgenden Beispiel:

1 ist eine Zahl.
2 ist eine Zahl
Daraus folgt: 1 ist 2

Hier wird das Aussageverb „sein“ (bzw. hier: „ist“) in den Prämissen im Sinne von „ist Element von“ verwendet, während es im Schluss als „ist äquivalent zu“ gebraucht wird.

Ähnliches gilt für Adjektive, die je nach Kontext sehr unterschiedliche Sachverhalte beschreiben können.

Ein Beispiel für eine solche Äquivokation eines Adjektives versteckt sich in dem oft wiederholten (aber in dieser Form nicht haltbaren) Legende:

Laut einer Studie schätzen sich 80 % aller Autofahrer selbst als überdurchschnittlich gute Fahrer ein.

Was dabei einen „guten“ Autofahrer ausmacht wird allerdings nicht definiert. Die Frage, ob damit jemand gemeint ist, der in halsbrecherischer Weise so schnell wie möglich an’s Ziel kommt, oder jemand, der möglichst defensiv und vorsichtig fährt, oder etwas ganz anderes, ist letztlich eine Frage, die wohl jeder Fahrer selbst

Mehrdeutigkeitsfehler

In der Logik müssen mögliche Äquivokationen zwingend ausgeschlossen werden, um ungültige Schlüsse zu vermeiden. Das Beispiel in der Einleitung dieses Artikels zeigt, wie ansonsten irreführende Aussagen geschlossen werden können.

Viersatz

Als „Viersatz“ bezeichnet man eine ungültige Form des Syllogismus, bei dem anstelle von drei, vier Begriffe verwendet werden.

Typischerweise entstehen solche Viersätze durch Äquivokation eines der Begriffe. In dem Beispiel oben ist es das Wort „Linsen“. Würde man dieses durch unzweideutige Alternativen ersetzen, sähe es wie folgt aus:

Alle Früchte der Lens culinaris sind Hülsenfrüchte.
Alle Fotoapparate enthalten transparente Objekte zum Zwecke der Lichtbeugung.
Daraus folgt: (kein Schluss möglich)

Da dieser Syllogismus nun erkennbar vier verschiedene Begriffe enthält, kann daraus kein gültiger Schluss gezogen werden.

Spezifischer begeht dieser Syllogismus den Fehler des mehrdeutigen Mittelbegriffs, was wahrscheinlich die häufigste Form dieses Schlussfehlers darstellt. Prinzipiell können aber genauso gut auch die Schlussbegriffe mehrdeutig sein.

In jedem Fall sollte man also darauf achten, ob die Begriffe wirklich in identischen Bedeutungen gebraucht werden, um solche Fehler zu vermeiden. Gerade aber bei abstrakten Begriffen, oder solchen, die zumindest unter bestimmten Umständen abstrakt gebraucht werden können, kann das eine echte Herausforderung sein.

Rhetorische Fehler

Im einfachsten Fall – vor allem da, wo sie leicht zu durchschauen sind – sind solche Mehrdeutigkeiten eine ergiebige Quelle von Wortwitzen und Gags. In manchen Fällen können sie als ein Aspekt von rhetorischen Verwirrungstaktiken eingesetzt werden.

Viel wichtiger aber sind die Missverständnisse, die sich daraus ergeben, dass man im übertragenen Sinne „aneinander vorbei redet“, also einen Begriff völlig anders versteht als andere Diskussionsteilnehmer. Dies betrifft oft sehr grundlegende Konzepte, wie „Freiheit“, „Wahrheit“, „Identität“ und ähnliche, bei denen die darin steckenden Äquivokationen oft nur schwer aufgelöst werden werden können.

Es ist daher grundsätzlich empfehlenswert, immer mal wieder nachzufragen, was andere den eigentlich unter dem Begriff verstehen, und zu klären, wie sich dies zum eigenen Verständnis solcher Begriffe verhält.

Über diese Seite

Mehrdeutigkeit auf Denkfehler Online Diese Seite kommt von der Lern­materi­al­ien-Sam­ml­ung auf Denk­fehler Online, einem Pro­jekt, die wich­tigs­ten Denk- und Schluss­fehler sys­te­ma­tisch zu doku­men­tie­ren und ver­ständ­lich zu er­klären. Dabei geht es hier vor allem da­rum, einen ver­ständ­lichen Ein­stieg in ver­schied­ene Themen­be­reiche zu bieten.

Diese Seite ist Teil des Kapitels Mehrdeutigkeit. Weitere Artikel in diesem Themen­bereich be­hand­eln die Themen: Äquivokation, Amphibolie, Intension, Substitution, ….

1)
Svenson, Ola (1981). Are we all less risky and more skillful than our fellow drivers? Acta Psychologica, Band 47, Ausgabe 2, Seiten 143-148; https://doi.org/10.1016/0001-6918(81)90005-6

Diese Web­site be­nutzt Cookies. Durch die Nutz­ung der Web­site er­klären Sie sich mit der Speich­er­ung von Cookies auf Ihrem Com­puter ein­ver­standen. Außer­dem be­stät­igen Sie, dass Sie unsere Daten­schutz­richt­linie ge­lesen und ver­standen haben. Wenn Sie damit nicht ein­ver­standen sind, ver­lassen Sie bitte die Web­site.

Weitere Information