Extension und Intension
Begriffe können verschiedene Bedeutungsebenen haben: zum einen dadurch, dass sie bestimmte Dinge oder Sachverhalte repräsentieren, zum anderen aber auch indem die Art und Weise in der sie auf diese Bezug nehmen, Nebenbedeutungen transportieren können, die auch relevant sein können.
Extension
Die bereits im Artikel zur Äquivokation erwähnte Extension eines Begriffes bezieht sich auf die Gesamtheit aller Dinge oder Sachverhalte, die durch diesen beschrieben werden.
Zum Beispiel kann die Extension des Begriffes „Pferd“ beschrieben werden als „die Gesamtheit aller Lebewesen der Familie der Equidae“.
Ein Begriff kann in unterschiedlichen Zusammenhängen durchaus auch verschiedene Extensionen haben. Je nach Kontext könnte „Pferd“ unter anderem meinen:
- Die Figuren im Schachspiel, die auch als „Springer“ bezeichnet werden;
- Die Turngeräte, die auch „Pauschenpferd“ genannt werden.
Synonyme
Als „Synonyme“ bezeichnet man Paare oder Gruppen von Wörtern, welche ihre Extension (oder einen Teil davon) miteinander teilen. So sind zum Beispiel „Orangen“ und „Apfelsinen“ zueinander synonym, da sie beide die gleichen Pflanzen bzw. deren Früchte beschreiben.
Manche Synonyme sind dagegen nur in spezifischen Zusammenhängen austauschbar: „Hengst“ ist nur dann ein Synonym für „Pferd“, wenn wir wissen, dass das spezifische Pferd, um das es geht, männlich ist. „Gebäude“ kann man nur dann als Synonym für „Haus“ einsetzen, wenn Letzteres sich tatsächlich auf ein solches bezieht und nicht etwa auf eine Adelsdynastie (z.B. „Haus Hohenzollern“).
Aus diesem Grund sind etwa die Wörter „Equus“ und „Pferd“ zueinander im Kontext der Biologie Synonyme, während im Kontext eines Schachspieles „Springer“ das passende Synonym zu „Pferd“ wäre.
Daraus folgt auch, dass die Synonyme eines Begriffes nicht notwendigerweise auch untereinander synonym sein müssen: „Equus“ und „Springer“ haben unterschiedliche Extensionen und sind daher nicht austauschbar.
Intension
Synonyme haben aber oft andere Aspekte, in denen sie sich unterscheiden: Die Wörter „Pferd“, „Ross“ und „Gaul“ beschreiben alle drei dasselbe Tier, tun dies aber auf unterschiedliche Weisen: „Ross“ beschreibt ein Pferd eher auf-, „Gaul“ eher abwertend.
Eine solche „Nebenbedeutung“, die sich daraus ergibt, wie ein Begriff sich auf seine Extension bezieht, wird als „Intension“ bezeichnet.
Ein klassisches Beispiel dafür, wie die Intensionen eines Begriffes zu Verwirrungen führen können, betrifft die beiden Wörter „Abendstern“ und „Morgenstern“: Offensichtlich haben beide dieselbe Extension (nämlich den Planeten Venus), werden aber jeweils nur in verschiedenen Kontexten gebraucht – eben wenn die Venus am Abend- oder am Morgenhimmel zu sehen ist. Diese Verbindung mit dem Abend bzw. Morgen tragen die beiden Begriffe als eine solche „Nebenbedeutung“ (Intension) in sich.
Dies wird vor allem deutlich, wenn ein Begriff entgegen der damit verknüpften Intensionen verwendet wird:
Der Abendstern ist am Morgen zu sehen.
Diese Aussage wäre zwar aus Perspektive der Extension des Begriffes „Abendstern“ gültig – die Venus kann in der Tat am Morgenhimmel erscheinen – widerspricht jedoch der Intension dieses Ausdrucks, nach der er nur mit dem Abend verbunden ist.
Intensionaler Fehlschluss
Fehlschlüsse, die auf einer Mehrdeutigkeit auf der intensionalen Bedeutungsebene beruhen, sind schon seit der Antike bekannt. Diese werden auch als „Maskierter Mann“-Fehler bezeichnet, nach dem folgenden Paradoxon, das von dem griechischen Philosophen Eubulides von Milet im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung formuliert wurde:
Du siehst einen Mann, der eine Maske trägt.
Aufgrund der Maske erkennst du nicht, dass es sich um deinen Vater handelt.
Das heißt, du weißt nicht, wer der maskierte Mann ist;
Gleichzeitig weißt du aber, wer dein Vater ist.
Daher kennst du den maskierten Mann und kennst ihn gleichzeitig nicht.
Hierin ist auch wieder die Extension der beiden Begriffe „maskierter Mann“ und „dein Vater“ identisch, jedoch entsteht durch die Bezugnahme als „maskierter Mann“ eine andere Intension als durch „dein Vater“. Der Fehlschluss besteht darin, anzunehmen, dass diese beiden Begriffe unterschiedliche Extensionen hätten, obwohl dies nicht der Fall ist.
Ein weiteres bekanntes Beispiel für solche intensionalen Fehler betrifft den Begriff „Gott“:
Der Papst glaubt an Gott.
Der Begriff „Gott“ beschreibt dieselbe Wesenheit wie „Allah“.
Also glaubt der Papst an Allah.
Auch wenn sich Christentum, Islam und Judentum als Folge ihrer gemeinsamen Geschichte auch nach ihrem Selbstverständnis auf dieselbe Gottheit berufen und sowohl „الله“ [Allāh], wie auch „יהוה“ [Jahwe] durchaus als direkte Übersetzungen des Wortes „Gott“ betrachtet werden können (und z.T. auch so gebraucht werden), sind die arabischen und hebräischen Begriffe mit anderen Intensionen verknüpft, welche einem Schluss wie den obigen im Weg stehen.
Intensionale Äquivokation
In den Beispielen oben werden jeweils verschiedene Begriffe mit der gleichen Extension aber unterschiedlichen Intensionen verwendet (Synonyme). Es ist aber auch möglich, dass ein Begriff zwar eine eindeutige Extension hat, aber je nach Kontext unterschiedliche Intensionen erhält, welche dessen Bedeutung verändern.
Während bei konkreten Begriffen (z.B. „Pferd“, „Haus“) meist eher die extensionalen Aspekte überwiegen, können abstraktere Begriffe eine Vielzahl von intensionalen Aspekten enthalten. Wie auch bei anderen Formen der Äquivokation sind diese dann oft umso schwerer zu erkennen.
Zum Beispiel beschreibt der Begriff „Industrialisierung“ in seiner Extension die Umwandlung einer Agrar- zu eine durch Industrie geprägten Wirtschaft, bzw. Gesellschaft.
Was weniger eindeutig ist, sind die Assoziationen, die mit dem Begriff verbunden werden: je nach Kontext (und persönlichem Standpunkt) kann man darin vor allem Aspekte wie Schaffung von Arbeitsplätzen und Verbesserung der Lebensverhältnisse sehen, oder auch Umweltzerstörung und Ausbeutung der Arbeiterklasse.
Man muss nicht lange suchen, um andere Begriffe des politischen Diskurses zu finden, über die man sich – trotz eindeutiger Extensionen – endlos aufgrund der unterschiedlichen Intensionen der Begriffe streiten kann. Als Beispiele seien etwa Begriffe wie „Kernenergie“, „Sozialhilfe“ oder „Flüchtlinge“ genannt.