Fehler der eliminativen Induktion
Eine durch einen induktiven Eliminationsprozess etablierte wahrscheinliche Erklärung wird (fälschlich) als deduktiv wahr verstanden.
Das bekannteste Beispiel für diesen Fehler stammt aus der Literatur:
„Wenn man alle unmöglichen Fälle ausgeschlossen hat, dann muss, was auch immer übrig bleibt, egal wie unwahrscheinlich es ist, die Wahrheit sein.“
Diese Beschreibung der Methode, die der Autor Arthur Conan Doyle seinem Romandetektiv Sherlock Holmes in den Mund legt, führt eben gerade nicht zu einer garantiert wahren, sondern höchstens zu einer wahrscheinlichen Lösung.
Andere Namen
Beschreibung
Der zugrunde liegende Fehler hier ist eine Verwechslung einer abduktiven Methode (genannt: „eliminative Induktion“) mit einer Deduktion, sowie als Folge davon, dem Ignorieren der Unsicherheiten, welche diese Methode mit sich bringt.
Eliminative Induktion
Der Prozess der eliminativen Induktion kann wie folgt beschrieben werden:
- Entweder
A
, oderB
, u.s.w. … oderN
. A
ist unwahrscheinlich.B
ist unwahrscheinlich.- … u.s.w.
N
ist die bei weitem wahrscheinlichste, bzw. am wenigsten unwahrscheinliche Erklärung.- Daraus folgt:
N
ist wahrscheinlich die korrekte Erklärung.
Auf diese Weise lässt sich eine Vielzahl von möglichen Erklärungen auf eine oder wenige wahrscheinliche reduzieren.
Dabei muss man sich aber darüber im Klaren sein, dass dieser Schluss eben nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit korrekt ist – und insbesondere sollte man bereit sein, den Schluss zu revidieren, wenn neue Informationen verfügbar sind, welche die Wahrscheinlichkeiten verändern oder auch wenn neue Erklärungsmöglichkeiten (Theorien) vorgetragen werden, welche womöglich besser sein können als die bereits bewerteten.
Insbesondere bei sozialen Phänomenen (wie eben in der Kriminalistik) kann sich schon der erste Schritt, also das Aufzählen aller möglichen Alternativen, als sehr schwierig bis unmöglich erweisen. Noch weniger können dann alle (bis auf eine) sicher ausgeschlossen werden. Dies liegt daran, dass die Anzahl dieser Möglichkeiten und die damit verbundenen Annahmen und Einschätzungen sehr schnell völlig unüberschaubar werden. Letzten Endes kann man die Wahrscheinlichkeiten also meist nur sehr vage schätzen.
Der Fehler besteht nun aber darin, diese Unsicherheit zu ignorieren und zu meinen, man habe auf diese Weise eine „garantiert wahre“ Lösung gefunden.
Wann sind solche Schlüsse gültig?
Modus Ponendo Tollens
Dieser Fehlschluss ähnelt der „Affirmation einer Disjunktion“, insofern er gültig sein kann, wenn sicher gestellt ist, dass wirklich alle möglichen Fälle erfasst werden.
Zusätzlich müssen alle Möglichkeiten (bis auf eine) formell ausgeschlossen werden. Dies ist praktisch nur innerhalb von formellen Systemen wie der Mathematik oder Informatik möglich, jedoch sicherlich nicht bei Themen des Sozialen oder insbesondere der Kriminologie.
Für mehr Informationen, siehe: Modus Ponendo Tollens.
Vollständiges Wissen
Außerhalb von formellen Systemen gibt es nur wenige Situationen, in denen wir tatsächlich vollständiges Wissen über einen Sachverhalt haben können. Dies trifft insbesondere zu, wenn diese sich auf eine relativ kleine Gruppe bezieht, die wir noch dazu tatsächlich gutes Wissen haben.
Zum Beispiel kennen Eltern gewöhnlich ihre Kinder recht gut und können daher eliminative Schlüsse aufgrund dieses Wissens anstellen:
Irgendjemand hat von dem Kuchen genascht, der eigentlich für den Nachtisch gedacht war.
Kind A ist in der Schule.
Kind B ist gerade bei der Großmutter.
Daraus folgt: Kind C muss es gewesen sein.
Auch hier könnte man allerdings argumentieren, dass andere, relativ unwahrscheinliche, Möglichkeiten nicht in Betracht gezogen wurden (es könnte ja jemand anderes gewesen sein als die Kinder), weswegen auch dieses nur ein „höchstwahrscheinlich“ korrekte Schlussfolgerung wäre.
Siehe auch
Weitere Informationen
- Holmesian fallacy auf Rational Wiki (Englisch)