Hieratisches Wissen
Im Rahmen dieser Site eine Bezeichnung für Wissen, welches nur einer begrenzten Gruppe zugänglich gemacht wird, im Gegensatz zum Ideal wissenschaftlichen Forschens, dessen Erkenntnisse grundsätzlich der gesamten Menschheit zugänglich sein sollten.
Hinweise zum Namen
Der Begriff wurde von dem altgriechischen Adjektiv hieratikós [ἱερατικός], bzw. dessen latinisierter Form „hieraticus“, abgeleitet, was so viel wie „priesterlich“, oder „den Priester betreffend“ bedeutet. „Hieratisches Wissen” ist somit quasi „Priesterwissen“, welches nur Eingeweihten zugänglich ist.
Alternative Bezeichner hierfür wären „esoterisch“ (von Altgriechisch: esōterikós [ἐσωτερικός] = „für den internen Gebrauch“) oder „okkult“ (von Lat.: occultus = „versteckt“), die beide zwar in ihren ursprünglichen, profanen Bedeutungen dem Sinne hier recht nahe kommen, die aber auch beide heute meist eher in einem (para-)religiösen Sinn verstanden werden, was für viele Leser wohl eher verwirrend wäre.
Man könnte sagen, dass sich die Konnotationen der letztgenannten Begriffe im Laufe der Zeit von profan zu (para-)religiös verändert haben. Dagegen sind die Ableitungen von „hieratikós“ eher den entgegengesetzten Weg gegangen: Kaum jemand dürfte heute bei „Hieroglyphen“ an „Priester-Schrift” denken, ebensowenig wie man dem Begriff „Hierarchie“ die ursprüngliche Bedeutung als „Priester-Herrschaft” noch anmerkt.
Beschreibung
Während nach den idealisierten Normen der modernen Wissenschaft (Merton’sche Normen) alles Wissen grundsätzlich der gesamten Menschheit zugänglich gemacht werden sollte, gibt es zahlreiche Situationen, in denen Wissen zurückgehalten wird. Manchmal aus guten Gründen, manchmal aus weniger guten.
Firmeninterne Forschung und Entwicklung
Ein gutes Beispiel für hieratisches Wissen sind die Ergebnisse von firmeninterner Forschung und Entwicklung, wenn sie nicht veröffentlicht werden (was manche Firmen durchaus tun!), sondern als „Firmengeheimnisse“ behandelt werden, die nicht weitergegeben werden (dürfen).
Zum Beispiel können durch solche Geheimhaltung firmeninterne Produktionsmethoden oder Rezepturen vor dem Zugriff von Konkurrenten geschützt werden. Es gibt aber auch viele Beispiele dafür, wenn wichtige Erkenntnisse nicht weiter gegeben wurden, wenn diese den Geschäftsinteressen schaden könnten – zum Beispiel waren die Folgen von Tabakkonsum oder Bleizusätzen im Benzin auf die Gesundheit, oder der Emission der Verbrennungsrückstände fosiler Brennstoffe auf das Erdklima, den entsprechenden Firmen schon lange vor der Allgemeinheit bekannt.
Im Kontext von medizinischen Studien werden auch oft solche, die „Null”-Ergebnisse haben (also die Hypothese nicht bestätigen) von den sie durchführenden Firmen zurückgehalten. Dabei wären diese für die Einschätzung der Wirksamkeit von Medikamenten ebenso wichtig, wie solche, die die Wirksamkeit zu bestätigen scheinen.
Weitere Beispiele