Die (falsche) Annahme, es gäbe in einer bestimmten Situation nur eine begrenzte Zahl von möglichen Handlungsoptionen, obwohl tatsächlich mehr oder nuanciertere Möglichkeiten offen stehen
Dies kann zum Beispiel in einer Aussage wie der folgenden ausgedrückt werden:
„Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“
Außerhalb formaler Systeme (wie der Logik oder der Mathematik) gibt es nur sehr selten echte Kontravalenzen (Aussagen vom Typ „entweder A oder B“); praktisch immer gibt es mindestens einen Mittelweg, eine dritte Möglichkeit, oft sogar eine Vielzahl von Alternativen mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.
Wenn ein Redner den Eindruck erweckt, es gäbe nur zwei Möglichkeiten, ist das in der Regel unredlich. Im besten Fall soll von anderen möglichen Optionen abgelenkt werden, im schlimmsten Fall soll man so unter Druck gesetzt werden, eine unvorteilhafte Entscheidung zu treffen.
Ähnlich verhält es sich, wenn die Anzahl der Optionen künstlich auf eine andere Zahl begrenzt wird. Etwa wie folgt:
Diese Jacke gibt es inallenGrößen: S, M und L.
Auch vorzugeben, es gäbe nur eine Möglichkeit, ist in diesem Sinne ein falsches Argument:
Die Entscheidung, die ich empfehle, ist völlig alternativlos.
Die Angabe einer begrenzten Auswahl ist genau dann gerechtfertigt, wenn es sich tatsächlich um die einzigen Auswahlmöglichkeiten handelt.
„Natürliche Zahlen sind entweder gerade oder ungerade.“
Außerhalb formaler Systeme ist die Zahl der möglichen Handlungswege jedoch meist unüberschaubar und eine erschöpfende Darstellung praktisch unmöglich.
Selbst wo die Möglichkeiten künstlich eingeschränkt erscheinen, gibt es meist noch weitere Wege. Man betrachte einmal Henry Fords berühmtes Zitat:
Sie können einen Ford in jeder Farbe haben – Hauptsache er ist schwarz.
Tatsächlich hätten potenzielle Käufer eines Ford Modell T (auf die sich diese Aussage bezog) auch damals sicher andere Farben bekommen, wenn sie genügend Geld in die Hand genommen hätten – wenn nicht von Ford direkt, dann sicher von Drittanbietern.
Wahrscheinlich hat jeder in seiner Schulzeit schon einmal einen Aufsatz schreiben müssen, dessen Thema in etwa in der folgenden Form vorgegeben war:
Napoleon – weitsichtiger Staatsmann oder Proto-Faschist?
Wenn ein solcher Titel als Teil der Aufgabe vorgegeben wird, wäre es sinnvoll, zunächst die Frage zu stellen, ob Napoleon nicht auch beides gleichzeitig – oder keines von beidem – gewesen sein könnte.
Die nach Blaise Pascal benannte sogenannte Pascal’sche Wette beruht auf der Überlegung, dass der Glaube an Gott nach streng rationalen Gesichtspunkten sinnvoll sei und sich dies aus einer einfachen Kosten-Nutzen-Analyse herleiten liese:
Gott existiert | Gott existiert nicht | |
---|---|---|
Glaube an Gott | Belohnung (Himmel) | kein Gewinn (aber auch kein Verlust) |
Kein Glaube an Gott | Bestrafung (Hölle) | kein Gewinn (aber auch kein Verlust) |
Abgesehen davon, dass sich aus einer solchen Form von Konsequenzargument bestenfalls ein Argument für das Vortäuschen von Glauben ableiten ließe, sind sowohl die Frage nach der Belohnung/Bestrafung, als auch die nach dem Glauben oder Nichtglauben falsche Dichotomien, da auch weitere Möglichkeiten bzw. Aspekte in Betracht gezogen werden müssen:
Und nicht zu vergessen:
Es würde sicher den Rahmen dieser Website sprengen, zu diskutieren, inwieweit alle diese Möglichkeiten wahrscheinlich oder sinnvoll sind, aber es sei darauf hingewiesen, dass zumindest der dritte Punkt auch in der christlichen Theologie ernsthaft diskutiert wird, was auch Pascal bekannt gewesen sein dürfte.
Die „Pascal’sche Wette“ beruht also auf einer Reihe von zumindest fragwürdigen Grundannahmen, welche die Zahl der möglichen Alternativen künstlich auf eine Reihe von Dichotomien (z.B.: „Gott existiert“/„Gott existiert nicht“) einschränken.