Wird ein Begriff gegen einen anderen ausgetauscht, oder wird ein Konzept durch ein anderes ersetzt, sprechen wir hier von „Substitution“.
Bevor wir in dieses Thema richtig einsteigen können, machen wir aber erst einmal einen kurzen Ausflug in die nicht minder interessante Welt der mittelalterlichen Festungstechnik:
Als „Turmhügelburg“ bezeichnet man eine bestimmte Form von frühmittelalterlicher Festung: Diese besteht aus einer Turmburg (die „Motte“) sowie eine mit einem Burgwall geschützte Vorburg (engl.: „bailey “).
Der Sinn dieser Zweiteilung liegt darin, dass die eher schwer zu verteidigende Vorburg bei Bedarf leicht aufgegeben werden konnte, während man mit der deutlich stärker befestigten Turmburg einen sicheren Rückzugsort hatte.
Für uns ist diese Festungsform vor allem deshalb interessant, weil nach ihr eine (oft unfaire) rhetorische Praxis benannt wurde, die im Englischen meist als „motte-and-bailey fallacy “ (hier übersetzt als „Turm‐und‐Wall“) bezeichnet wird.
Ähnlich wie bei der Festung wird dabei eine angegriffene und womöglich schwer zu verteidigende Diskussionsposition schnell aufgegeben, um stattdessen eine leichter zu verteidigende Position einzunehmen.
Dies ist so weit ein normaler Vorgang in einer (fairen und sachlichen) Diskussion: Positionen werden aufgegeben, wenn sie nicht mehr haltbar sind. Zu einer unfairen Strategie wird es daher erst, wenn (implizit oder explizit) behauptet wird, die beiden Positionen seien identisch, und mit der erfolgreichen Verteidigung der „Turm“-Position sei auch der Angriff auf die „Wall“-Position abgewehrt worden.
Dabei muss die „Turm“-Position noch nicht einmal notwendigerweise eine Teilmenge der „Wall“-Position darstellen. Es reicht aus, so zu tun, als seien diese gleich zu setzten. Dies fällt natürlich umso leichter, je näher die beiden Positionen miteinander verwandt sind, so wie im folgenden Beispiel:
A: Die Homöopathie hat keine Wirkung, die über den Placeboeffekt hinausgeht.
B: Das kann überhaupt nicht sein, die Naturheilkunde ist eine anerkannte Disziplin der Medizin, die viele Erfolge vorzuweisen hat.
Während man unter dem Begriff „Naturheilkunde“ tatsächlich eine Reihe von anerkannten medizinischen Behandlungsmethoden versteht, gehört die Homöopathie gerade eben nicht dazu, da für sie in der Tat keine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung nachgewiesen werden konnte.
In diesem Beispiel wird also Homöopathie als „Wall“-Position, durch Naturheilkunde als leichter zu verteidigende „Turm“-Position ersetzt (substituiert).
Eine Besonderheit dieser Argumentationsweise ist es, dass sie auch gerne in umgekehrter Richtung verwendet wird, da es sich anbietet, einen – vermeintlich oder tatsächlich – erfolgreichen Angriff auf die „Wall“-Position auch als Fall der „Turm“-Position darzustellen:
Die Homöopathie ist eine pseudowissenschaftliche Behandlungsmethode, die keine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung hat.
Daher ist auch die Naturheilkunde nichts weiter als pseudowissenschaftliche Quacksalberei.
Im schlimmsten Fall ist es für Außenstehende in einer solchen Situation überhaupt nicht mehr erkennbar, dass es hier eigentlich um zwei völlig verschiedene Positionen handelt. Dies gilt umso mehr, wenn die beiden Positionen tatsächlich leicht zu verwechseln sind, etwa weil sie – wie Turm und Wall der „Motte“ – Teile eines größeren Ganzen sind.
Man sollte noch nicht einmal davon ausgehen, dass dies mit Absicht geschieht. In den meisten Fällen dürfte es sich tatsächlich um eine Verwechslung handeln, insbesondere dann, wenn die beiden Positionen tatsächlich sehr ähnlich sind oder auf andere Weise leicht verwechselt werden können.
Umso wichtiger ist es, auf mögliche „Turm und Wall“-Situationen zu achten und selbst um Präzisierung zu bitten. Sich darauf zu verlassen, dass der jeweilige Diskussionsgegner dies schon klarstellen wird, wird nicht in jedem Fall funktionieren.
Das bringt uns aber zu einer anderen – in den meisten Fällen wohl eng verwandten – Form von solchem „Vertauschen“ von Begriffsdefinitionen.
Diese besteht darin, das ein allgemein anerkannter und verständlicher Begriff so verändert wird, dass er eine bestimmte Sichtweise oder ein bestimmtes Narrativ besser unterstützt.
Siehe hierzu: Umdefinierung (von Begriffen)
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