Petitio principii
(Lat.: „das zu Beweisende voraussetzen“) bezeichnet ein Scheinargument, welches das zu Beweisende bereits in der Beweisführung voraussetzt. Ein solches Argument kann zwar auf den ersten Blick plausibel klingen kann, beweist aber tatsächlich gar nichts.
Beispiel:
Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht [in der Bibel] geschrieben: „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Andere Namen
- Begging the question
- Tó en archeí aiteísthai [Τὸ ἐν ἀρχῇ αἰτεῖσθαι] (Altgr.: „den Anfangspunkt einfordern“)
Der lateinische Ausdruck „petitio principii “ ist eine direkte Übersetzung des altgriechischen „tó en archeí aiteísthai [τὸ ἐν ἀρχῇ αἰτεῖσθαι], das bereits von Aristoteles benutzt wurde. Es kann mit „den Ausgangspunkt in Anspruch nehmen“ oder etwas freier mit „die Prämisse voraussetzen“ übersetzt werden.
Hinweis: der englische Ausdruck „begging the question“ wird umgangssprachlich oft (fälschlich) im Sinne von „die Frage aufwerfen“ gebraucht, was wenig mit dem hier beschriebenen Scheinargument zu tun hat. Tatsächlich ist dies der korrekte englische Fachausdruck für das hier „petitio principii “ genannte Phänomen.
Beschreibung
Petitio Principii steht hier als das rhetorische Gegenstück zum logischen Zirkelschluss, also für ein Argument, welches das zu Beweisende bereits voraussetzt.
Dabei ist in einer Diskussionssituation die Frage, was eigentlich zu beweisen ist, bei weitem nicht immer so einfach zu erkennen wie in dem obigen Beispiel. Gerade bei Fragen, die elementare Grundannahmen betreffen, werden diese oft (von beiden Seiten) als gegeben vorausgesetzt und gar nicht erst explizit gemacht.
Dabei wäre es gerade bei strittigen gesellschaftlichen Themen oft sehr hilfreich, zunächst den eigentlichen Kernpunkt deutlich zu machen, und diesen dann direkt anzugreifen, anstatt sich endlos auf Nebenschauplätzen zu zerstreiten.
Beispiele
Abtreibungsdiskussion
Eine häufig gehörte Argumentationslinie von Abtreibungsbefürwortern könnte wie folgt formuliert werden:
Wer gegen Abtreibungen ist, braucht ja selbst nicht abzutreiben.
Das Verführerische an so einer Argumentation ist, dass man scheinbar die moralische Oberhand innehat: Man gönnt dem Gegner die eigene Toleranz, fordert diese aber auch für sich ein. Diese Argumentation ist so verbreitet, dass v.a. in den USA, der Begriff „pro choice“ („für eine freie Entscheidung“) die gängige Selbstbezeichnung der Befürworter einer liberalen Abtreibungsregelung ist.
Allerdings geht eine solche Argumentation an der eigentlichen Streitfrage vorbei: nach Ansicht der Abtreibungsgegner handelt es sich bei Abtreibung um Mord – da ja menschliches Leben getötet wird. Aus Sicht der Befürworter passt dieser Begriff nicht, da ein Embryo in einem frühen Entwicklungsstadium noch kein menschliches Leben darstellt.
Aus dieser Sicht ist die o.g. Argumentation fehlgeleitet: es wäre ja auch ein schlechtes Argument für andere Vergehen, wenn nur diejenigen, die sie nicht begehen wollen, es nicht täten. Mit anderen Worten, akzeptiert man, dass es sich um Mord handelte, ist die moralische Position natürlich, dass es verboten (und geahndet) werden müsse. Geht man dagegen davon aus, dass sie nicht unter diesen Begriff fällt, ist jede Einschränkung der individuellen Wahlfreiheit schwer zu akzeptieren.
Damit fällt die genannte Argumentation unter „Petitio Principii “, denn die eigentliche Frage – ist Abtreibung Mord oder nicht? – wird bereits als im eigenen Sinne entschieden vorausgesetzt.
Das Gleiche gilt natürlich auch für Scheinargumente von Abtreibungsgegnern, die den gleichen Fehler in die andere Richtung begehen - indem sie voraussetzen, dass die gleiche Frage bereits in ihrem Sinne geklärt sei.
Hinweis: eine Argumentationslinie zur Abtreibungsdiskussion, welche diesen Fehler nicht begeht, wird hier im Artikel zum Kontinuumsirrtum angerissen: es geht dabei um die Frage, ab welchem Entwicklungsstadium auf dem Weg von einer befruchteten Eizelle zur Geburt der Übergang zu einem menschlichen Wesen geschieht. Eine tiefere Analyse dieses Themas liegt allerdings außerhalb des Themenbereiches dieser Website.
Dieser Artikel ist noch in Bearbeitung und daher unvollständig
Siehe auch
Weitere Informationen
- Petitio Principii auf Wikipedia
- Begging the Question auf Fallacy Files (Englisch)
- Circular Reasoning Definition and Examples auf ThoughtCo (Englisch)
- Circular reasoning auf RationalWiki (Englisch)