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Reductio ad Hitlerum

(Lat.: Zurückführen auf Hitler) ist ein unfairer per­sön­licher Angriff (ad hominem) und eine ex­treme Form der Schuld durch Asso­zia­tion, bei dem Geg­ner oder ihnen von ihm ver­tret­enen Posi­tionen mit dem Natio­nal­sozial­is­mus bzw. Adolf Hitler in Ver­bindung ge­bracht werden.

A: Wir sollten unseren Fleisch­konsum ein­schränken …
B: Weißt du, wer noch Vege­tarier war? Hitler!

Unabhängig von der Frage, ob Hitler selbst Fleisch ge­gessen hat oder nicht, oder von der je­weil­igen eigenen Ein­stell­ung zum Fleisch­konsum, ist die Asso­zia­tion von Vege­tarismus mit Nazis­mus nicht an­ge­messen, da der Ver­zicht auf tier­ische Nahr­ung auf keinen Fall ein mit den Ver­brechen der Nazis ver­gleich­bares Ver­gehen dar­stellt.

Andere Namen

  • Nazi-/Hitlervergleich
  • Nazikeule
  • Reductio/Argumentum ad Nazium

Beschreibung

Kaum eine Gruppe eignet sich so sehr zur negativen Assoziation wie die Nationalsozialisten, da es all­gemein als anerkannt gelten muss, dass deren Verbrechen aus den nicht gerade wenigen Grausamkeiten, die im 20. Jahrhundert begangen wurden, deutlich herausragen.

In vielen Fällen handelt es sich bei einer Assoziation des Gegners mit den Nazis daher ganz schlicht darum, diesen zu beleidigen oder zu diffamieren.

Je nach Kontext kann es sich auch um eine Form von Schuld durch Assoziation handeln, etwa wenn man versucht, jemanden über die Gruppenzugehörigkeit als Nazi zu brandmarken (für Ausnahmen, siehe unten).

Da sich so ein Angriff meist – direkt oder indirekt – auf die Person bezieht, wird Reductio ad Hitlerum hier unter ad-hominem-Angriffen geführt. Prinzipiell wäre es aber möglich, ein Argument (und nicht die Person, die es vorträgt) ungerechtfertigt mit der Ideologie der Nazis zu assoziieren. Dann handelt es sich zwar um ein Argument ad res, aber dennoch um eine unfaire Diskussionstaktik.

Wenn ein solcher Nazi- bzw. Hitler-Vergleich verwendet wird, um die Auseinandersetzung mit dem Argument abzublocken, dient dieser als ein – oft besonders perfides – „Totschlagargument“. In diesem Zusammenhang spricht man oft auch von der Nazikeule. Allerdings wird dieser Ausdruck selbst auch wiederum als eine Art Killerphrase verwendet, sodass er nicht wirklich hilfreich ist.

Vor allem gilt es jedoch, zu beachten, dass es durchaus Situationen gibt, in denen ein Nazi-Vergleich an­ge­messen und sinnvoll ist:

Ausnahmen

Nazis Nazis nennen

Kein Fehler ist es dagegen, tatsächliche Nazis auch als solche zu bezeichnen. Die Frage hierbei ist, wer ist in diesem Sinne ein Nazi?

Auf jeden Fall können Personen, die Mitglieder der NSDAP oder einer vergleichbaren Organisation sind oder waren, als Nazis bezeichnet werden – zumindest falls sie sich später nicht glaubhaft von deren Ideo­logie losgesagt haben. Der Grund ist einfach: sie bezeichneten sich ja schon selbst als solche.

Ebenso gibt es auch heute noch Leute, die sich selbst als „Nazionalsozialisten“ bezeichnen, oder die sich bei Ausdrücken, die sich auf „Nazis“ beziehen, persönlich angesprochen fühlen. Es liegt nahe, dass man auch diese mit Recht als Nazis bezeichnen kann.

Nicht zuletzt ist dieser Ausdruck sicher auch gerechtfertigt, wenn jemand willentlich die verbrecherischeren Teile der Nazi-Ideologie vertritt – siehe hierzu den nächsten Abschnitt:

Nazi-Ideologie benennen

Ebenso können Positionen oder Meinungen, die negativ mit den Nazionalsozialisten assoziiert sind, auch heute als Nazi-Ideologie bezeichnet werden.

Dabei ist aber zu beachten, dass alleine die Tatsache, dass Hitler und/oder die Nazis auch eine solche Posi­tion vertreten haben, noch kein gerechtfertigter Angriffspunkt ist. Es muss klar sein, dass es sich direkt um eine verbrecherische und unmenschliche Position handeln, wie insbesondere die systematische De­humani­sierung von Menschen aufgrund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihrer politischen Meinung.

Nicht betroffen sind dagegen beliebige Positionen, die eben auch von den Nazis vertreten wurden, und die keine verbrecherischen Aspekte haben. Etwa der Autobahnbau oder die Förderung von Familien, oder der schon erwähnte Vegetarismus. Auch wenn jede dieser Positionen durchaus eine weitere Diskussion wert wäre.

Wenn jemand jedoch fordert, man müsse etwa wieder „Gaskammern aktivieren“ oder man solle politische Gegner „an die Wand stellen“, dann sind Vergleiche mit der Nazi-Ideologie sicher nicht unangemessen.

Beispiele

Neben der weit verbreiteten (und meist unzulässigen) Verwendung der „Nazikeule“ in Diskussionen gibt es zahlreiche Beispiele, in denen eine Schuld durch Assoziation mit Hitler oder den Nazis zu ähnlich unsinnigen Positionen führt:

Musik der Nazis

Bekanntermaßen schätzte und förderte Hitler die Musik Richard Wagners. Dies hat dazu geführt, dass manch einer aufgrund dieser Assoziation Wagners Musik als „nazistisch“ ablehnt. Wie Wagner selbst zu den Nationalsozialisten stand, kann kaum eingeschätzt werden, da er bereits 1883 verstarb, also lange vor Auf­kommen der Nazis.

Gleichzeitig darf man natürlich Wagners eigene Neigung zum Antisemitismus durchaus thematisieren.

Frakturschrift

Die im deutschsprachigen Raum vom 16. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts weit ver­breitete sog. „Fraktur­schrift“ wird heute oft mit der Zeit des Nationalsozialismus assoziiert.

Zwar war sie in den 30er und 40er Jahren in Deutschland tatsächlich sehr ver­breitet, wurde von den Nazis jedoch als altmodisch und vermeintlich rückwärts­gewandt abgelehnt (Hitler selbst förderte den Gebrauch von modernen serifen­losen Schriften).

Nichtsdestotrotz verwenden heutige Nazis Frakturschriften, ironischerweise um ihre eigene Nähe zu Werten der Nazizeit auszudrücken. Weder dies, noch die Ablehnung aufgrund der Assoziation mit den Nazis ist aber gerechtfertigt.

Ein guter Grund, der gegen den Gebrauch spricht, ist allerdings die deutlich schlechte Lesbarkeit von Fraktur­schriften im Vergleich zu moderneren Schriftarten.

Siehe auch

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