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Nutpicking

Eine Variante der Schuld durch Asso­zia­tion, bei der durch eine un­zu­lässige Ver­all­gemein­er­ung eine Gruppe durch Ver­weis auf ihre ver­wirrt­esten, abs­trus­esten oder am wenigs­ten mehr­heits­fähigen Mit­glieder, ver­ächt­lich ge­macht werden soll.

Zum Beispiel wine Aus­sage wie die folgende:

Es gibt radikale Feminist­innen, die alle Männer nachts ein­sperren lassen wollen.
Deswegen ist Femi­nismus eine radi­kale, männer­feind­liche Bewegung.

Während es solche und ähn­lich radi­kale Pos­itionen tat­säch­lich gibt, sind sie kaum re­prä­sen­ta­tiv für den Femi­nis­mus als Ganzes. Diese als stell­ver­tretend für die ge­samte Be­wegung her­an­zu­ziehen ist daher zu­mind­est un­fair, ins­be­sondere wenn ein solches Ar­gu­ment be­nutzt wird, Per­sonen mit Aus­sagen in Ver­bind­ung zu bringen, die sie selbst wo­mög­lich über­haupt nicht unter­stützen.

Andere Namen

Beschreibung

In jeder politischen oder welt­anschau­lichen Be­wegung finden sich Personen, welche eine große Band­breite unter­schied­licher Posi­tionen ver­treten. Dazu ge­hören auch immer solche, die man freund­lich aus­ge­drückt als be­fremd­lich be­zeich­nen muss.

Die Variations­breite ist umso aus­geprägter, je größer und hetero­gener die Gruppe ist – aber auch, je weniger Sank­tions­mög­lich­keiten es gegen­über ab­wegigen Halt­ungen gibt: So haben vage de­fi­nierte Gruppen wie Welt­an­schau­ungen (z.B. Reli­gionen) weniger Mög­lich­keiten, irrige Posi­tionen aus­zu­schließen, als etwa eine polit­ische Partei oder eine Firma.

Der Aus­druck „nut­picking“ ist hier als Varia­tion der Schuld durch Asso­zia­tion auf­ge­führt, da er eine Methode be­schreibt, den Gegner mit einer Gruppe (oder einem Teil einer Gruppe) zu as­so­zi­ieren, welche nega­tiv an­ge­sehen wird.

Man kann dies auch als eine Form von Stroh­mann-Argu­ment an­sehen, wenn auf diese Weise eine Posi­tion an­ge­grif­fen wird, die vom Gegner über­haupt nicht ver­treten wird.

Die zugrunde liegenden Denk­fehler sind zum einen die vor­schnelle Ver­all­ge­mein­er­ung, da hier auf­grund von (zu) wenigen, wo­mög­lich noch nicht ein­mal re­prä­sen­ta­tiven, Bei­spielen auf eine Ge­samt­heit ge­schlos­sen wird – und zum anderen der Kon­tinu­ums­irr­tum, der auf einem Ig­nor­ieren von gradu­ellen Unter­schieden von Merkmalen beruht.

Schließlich kann es eine extreme Form von Rosinen­picken sein, wenn selektiv nur auf eher ab­wegige Bei­spiele verwiesen wird, welche die eigene Position unterstützen, während andere Beispiele außen vor gelassen werden.

Namensherkunft

Das englische Wort „nut“ steht hier nicht für „Nuss“ oder „(Schraub­en-)​Mutter“, sondern als um­gangs­sprach­licher Aus­druck für „Idiot“ oder „Spinner“.

In diesem Zusammen­hang wird auf den Aus­druck „cherry picking“ (hier als „Rosinen­picken“ über­setzt) an­ge­spielt, der sich auf eine selektive Aus­wahl von (passenden oder passend ge­machten) Fakten beschreibt.

Man kann „nutpicking“ also frei über­setzen als: „(sich die größten) Spinner her­aus­suchen“.

In seiner extremsten Form besteht dies darin, die absonderlichsten Äußerungen, etwa in einem Diskussionsforum, zusammenzutragen und als „Beweise“ für die radikalen Positionen der gesamten Gruppe herzunehmen. Dies ist offenbar auch die ursprüngliche Bedeutung des Wortes.

Gerechtfertigte Anwendung

Der Verweis auf extreme Positionen in einer Gruppe kann gerechtfertigt sein, wenn es Gründe für die Vermutung gibt, dass diese tatsächlich von der Mehrheit der Gruppenmitglieder vertreten oder zumindest toleriert werden.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass tatsächlich spezifische Gruppe gibt, in einer Form, die es ermöglicht, extreme Positionen auszuschließen. Mit Sicherheit ist ein unbestimmter und weit gefasster Begriff (z.B. „Linke“ / „Rechte“, „Christen“ / „Muslime“ / „Juden“, „Antifa(schisten)“ u.s.w) keine solche Gruppe, da es hier keine Möglichkeit gibt, echte oder empfundene „Spinner“ auszuschließen.

Umgekehrt ist eine Assoziation offensichtlich gerechtfertigt, wenn sich die Person von sich aus mit einer spezifischen, eng gefassten Gruppierung assoziiert, in der die extremen Positionen vertreten werden.

Siehe hierzu auch den Artikel zur „Schuld durch Assoziation“.

Beispiele

Politik

Es ist fraglich, ob die politische Landschaft wirklich sinnvoll anhand eines Rechts-Links-Spektrums beschrieben werden können, dennoch findet man im öffentlichen Diskurs immer wieder stark vereinfachende Gruppenbezeichnungen wie „die Linken“ bzw. „die Rechten“.

Eine Form von Nutpicking könnte wie folgt aussehen:

Unter den Rechten gibt es Neonazis, die ein faschistisches Regime installieren wollen.
Deswegen sind alle Rechten Nazis.

Umgekehrt, aus der anderen Sichtweise:

Unter den Linken gibt es gewalttätige Extremisten.
Deswegen sind alle Linken radikale Gewalttäter.

Solche Vereinfachungen unterschlagen, dass der größte Teil der politischen Rechten (welcher u.a. auch Konservatismus und bestimmte liberale Strömungen umfasst) keinerlei Sympathien für Neonazismus hat, ebenso wie die Mehrheit der politischen Linken Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung strikt ablehnt.

Da die Begriffe auch so weit gefasst sind, dass es keine Abgrenzungsmöglichkeit zu den extremen Positionen gibt, ist es nicht gerechtfertigt, solche Vergleiche zu ziehen.

Etwas anderes ist es, wenn die Gruppen durchaus die Möglichkeit hätten, sich abzugrenzen, dies aber nicht tun:

Partei A hat in ihren Reihen Mitglieder, die Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung rechtfertigen (und hat sich nicht klar von diesen Positionen distanziert).
Partei A hat offensichtlich kein Problem mit Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Oder eben auch:

Partei B hat Mitglieder, die Verbrechen der Nazizeit verharmlosen und sich für ähnliche Verbrechen in der Zukunft aussprechen (und tut nichts oder zu wenig, um diese Mitglieder aus der Partei auszuschließen).
Partei B sympathisiert offenbar mit Neonazis.

FIXME Weitere Beispiele folgen…

Siehe auch

Weitere Informationen

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