Benutzer-Werkzeuge

Erwartungsirrtum

Bezeichnet die irrtümliche Vorstellung, dass sich ein bestimmtes Problem durch Eintreffen eines sachlich nicht verbundenen oder eher unwahrscheinlich eintretenden Ereignisses auflösen wird.

Beispiel:

In der Zukunft wird die medizinische Forschung große Fortschritte machen.
Sicher wird es auch bald eine einfache Behandlungsmethode für Lungenkrebs geben.
Daher brauche ich mir wegen meines Rauchens keine Sorgen zu machen.

Wenn die Erwartungshaltung – wie im obigen Beispiel – keine sachliche Rechtfertigung hat, sondern auf Wunschdenken beruht, handelt es sich dabei um einen Denkfehler.

Andere Namen

Hinweise zum Namen

Der englische Ausdruck arrival fallacy bezieht sich auf die Erwartung der Parusie (vom Altgriechischen parousía [παρουσία]), was so viel bedeutet wie “Anwesenheit” oder “Ankunft“; In diesem Fall mit Bezug auf die erwartete Wiederkehr Jesus Christi, durch welche alle existierenden „weltlichen Probleme“ irrelevant würden.

Für die deutsche Übersetzung wurde ein weltanschaulich neutralerer Ausdruck gewählt, der das Problem etwas breiter – und nicht etwa nur auf Religionen bezogen – beschreiben soll.

Beschreibung

Es gibt zahlreiche Probleme, die sich tatsächlich ohne Zutun quasi „von selbst“ lösen, und für die „abwarten und Tee trinken“ in der Tat eine gute Lösungsstrategie sein kann.

Problematisch wird dieser Ansatz aber, wenn es sich um Probleme handelt, die nur durch aktives Handeln behoben werden können. Es kann so dazu kommen, dass dadurch die Last der Problemlösung anderen aufgebürdet wird, oder im schlimmsten Fall bleibt das Problem ungelöst und kann später schwerwiegendere Folgen haben.

Verklärung der Zukunft

Der Erwartungsirrtum kann auch als eine Form von Verklärungsargument verstanden werden, wenn man ihn als eine Verklärung der Zukunft betrachtet, in dem gleichen Sinne, in dem Nostalgie eine Form von Verklärung der Vergangenheit ist.

Einschränkungen

Kein Denkfehler ist es, wenn die Erwartung aufgrund von Wissen über konkrete Entwicklungen gebildet wird, welche die Rahmenbedingungen auf eine Weise ändern, dass das Problem nicht mehr besteht oder nicht länger relevant ist.

Beispiele

„Zweite Erde“

Die Ausgangslage ist, dass die übermäßige Ausbeutung der Ressourcen sowie die fortschreitende Zerstörung der Umwelt unseres Planeten die Gefahr birgt, dass dieser in einigen Jahren kaum noch bewohnbar sein wird, ins­besondere nicht für eine weiter wachsende Weltbevölkerung mit immer höheren Ansprüchen an den Lebensstil.

Hier scheinen manche auf die Idee zu kommen, dass man durch die Erforschung und baldige Besiedlung anderer Planeten dem ökologischen Kollaps auf der Erde entgehen könnte, und nehmen die Fortschritte der Planetenforschung als Begründung, sich nicht mehr allzu sehr für die Bewahrung dieses Planeten einzusetzen.

Dabei ist es zunächst einmal extrem unwahrscheinlich, dass wir in absehbarer Zeit einen für die menschliche Besiedlung geeigneten Planeten auch nur entdecken, geschweige denn erreichen können.

Selbst im eher unwahrscheinlichen Fall, dass wir es schafften, einen Planeten in erreichbarer Entfernung (d.h. innerhalb unseres Sonnensystems) bewohnbar zu machen, dürfte das Problem, einen signifikanten Anteil der Weltbevölkerung dorthin umzusiedeln, eine unüberwindliche logistische und technische Herausforderung darstellen.

Der einzige sinnvolle Ansatz ist es, die Ressourcen unseres Planeten besser zu nutzen und die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen zu unterbinden. Es gibt keine „zweite Erde“.

„Glücklich bis ans Ende ihrer Tage“

In Erwartung eines wichtigen, womöglich lebensveränderndes Ereignis – etwa eine Beförderung oder eine Hochzeit – neigen manche Menschen dazu, jede Sicht auf Ereignisse zu verlieren, die nach diesem kommen.

Sehr schön wird dies in Märchen dargestellt, in denen für die Zeit nach dem Ende der Geschichte kein Raum vorgesehen ist – alles, was man wissen muss, ist, dass die Protagonisten nach Erreichen ihres Zieles „glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ weiter lebten. Dabei ist das, zumindest in dieser verkürzenden Einfachheit, sicher nicht glaubwürdiger als die Existenz von Lebkuchenhäusern oder sprechenden Katzen.

Im echten Leben kann diese Form eines Erwartungsirrtums so weit führen, dass nach Erreichen eines lange erwarteten und bisher Lebensinhalt bietenden Zieles ein Gefühl der Leere – bis hin zur Depression – aufkommen kann.

Siehe auch

Diese Web­site verwendet Cookies. Durch die Nutz­ung der Web­site er­klären Sie sich mit der Speich­er­ung von Cookies auf Ihrem Com­puter ein­ver­standen. Darüber hinaus be­stät­igen Sie, dass Sie unsere Daten­schutzbestimm­ungen ge­lesen und ver­standen haben. Wenn Sie damit nicht ein­ver­standen sind, ver­lassen Sie bitte die Web­site.

Weitere Information