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Schwach definierte Begriffe

Eine Form von Äquivokationen, die daher kommt, dass Begriffe verwendet werden, deren Bedeutung eher vage oder mehrdeutig ist, oder die womöglich überhaupt keine einheitliche Definition haben. Dies kann insbesondere bei abstrakten oder im übertragenen Sinn gebrauchten Begriffen zu schwer zu entdeckenden Mehrdeutigkeiten führen.

Einer häufig zitierte Studie1) zufolge sollen sich 80 % aller Autofahrer selbst als „überdurchschnittlich sichere“ Fahrer einschätzen. Dies wird meist als Beleg dafür herangezogen, dass Menschen dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten systematisch zu überschätzen (Selbstüberschätzung).

Allerdings ist es unerwartet schwierig, zu definieren, worauf sich das Adjektiv „sicher“ im Zusammenhang mit einem Autofahrer tatsächlich bezieht: bedeutet dies, dass man sich darauf verlässt, trotz riskanter Fahrweise jederzeit auf Gefahrensituationen reagieren zu können, oder eher, dass man gefährliche Situationen eher vorausschauend vermeidet, oder ist es vor allem, dass man genug Selbstkontrolle hat und mit angemessener Geschwindigkeit fährt, auch wenn man es eigentlich eilig hätte? Oder irgend etwas ganz anderes?

Wahrscheinlich gibt es so viele unterschiedliche Definitionen davon, was einen solchen „sicheren“ Autofahrer ausmacht, wie es Autofahrer gibt. Und es ist nicht schwer zu sehen, dass viele von diesen Definitionen miteinander in Konflikt stehen.

Mehr noch: die meisten Autofahrer dürften ihr eigenes Fahrverhalten entsprechen ihrer jeweiligen persönlichen Definition dieses Begriffe optimieren, und das von anderen danach einschätzen. Auf dieser Grundlage ist es nicht allzu weit hergeholt, dass 80 % ihre eigenen Fahrkünste als „besser“ als die des durchschnittlichen Fahrers, dem sie auf der Straße begegnen, einschätzen.

Beschreibung

Offensichtlich kann man endlos über ein Thema streiten, wenn die Diskussionsteilnehmer unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was mit den strittigen Begriffen tatsächlich gemeint ist.

Ein typisches Problem besteht darin, dass Begriffe unter Umständen mehrere Bedeutungen tragen können, etwa aufgrund von Äquivokationen oder von syntaktischen Ambiguitäten . Es ist aber auch das Gegenteil möglich, nämlich dass ein Begriff überhaupt keine Extension hat, oder dass diese zumindest so vage und unscharf ist, dass sie nicht sinnvoll beschrieben werden kann.

Trotzdem werden solche Begriffe gern und häufig verwendet, nicht zuletzt gerade weil mit solchen Ausdrücken etwaige mehrdeutige Aussagen recht gut versteckt werden können.

Beispiele

Kontinuumsirrtum

Der sog. „Kontinuumsirrtum“ (auch als „Sorites-Irrtum“ oder „Argument vom Bart“ bekannt) kann auftreten, wenn Kategorien auf einem Kontinuum unscharf definiert sind. Der spezifische Denkfehler dahinter ist, dass aufgrund der unklaren Abgrenzung der Kategorien diese gleich völlig abgeleht werden.

Das klassische Beispiel hierfür ist die Frage, ab wann Gesichtsbehaarung als „Bart“ bezeichnet werden können: Da es keinen allgemein akzeptierten Schwellenwert gibt, wann aus Bartstoppeln ein Bart wird, kann diese Abgrenzung schwierig sein. Gleichwohl beschreibt der Begriff „Bart“ zweifellos ein existierendes Phänomen, es muss also eine Kategorisierung geben, die es erlaubt, Bärtige und Bartlose zu unterscheiden.

Mehr hierzu unter: Kontinuumsirrtum.

„Bewusstsein“

Es ist schwierig, den Begriff „Bewusstsein“ zu erklären, ohne auf zirkuläre Definitionen (etwa mittels des Adjektives „bewusst“) zurückgreifen zu müssen. Dazu kommt, dass gleich eine ganze Reihe von sehr unterschiedlichen Phänomenen mit diesem Wort beschrieben werden (mehr Informationen: Bewusstsein), welche dann auch noch in unterschiedlichen Kontexten sehr unterschiedlich interpretiert werden.

Selbst innerhalb dieser jeweiligen Bedeutungen kann es sehr schwer fallen, wirklich genau und unzweideutig zu definieren, was das „Bewusstsein“ in diesem Fall jeweils ausmacht. Im besten Fall können für den jeweiligen Kontext Synonyme benutzt werden (z.B. „Wachsein“, „Geist“/„Seele“ oder auch „Einsicht“ oder „Selbsterkenntnis).

Nimmt man zum Beispiel „bei Bewusstsein sein“ als Gegensatz zu „bewusstlos sein“ als einen dieser Bedeutungsbereiche her, dann kann man zwar bestimmte Eigenschaften definieren, die diesen Unterschied ausmachen (etwas die Fähigkeit, auf Ansprache zu reagieren) und es ist im Rahmen der Neurobiologie auch gelungen, diese Zustände mit bestimmten Aktivitätsmustern im Gehirn in Verbindung zu bringen – die eigentliche Frage, nämlich wie diese Muster zum Erleben der Wirklichkeit führen, welches wir als „bewusst“ erfahren, ist aber immer noch unbeantwortet.

Auf dieser Basis kann man dann recht leicht Argumente aufstellen, wie „KIs haben bereits Bewusstsein erlangt“. Solange wir uns nicht darüber einig sind, was „Bewusstsein“ in diesem Zusammenhang eigentlich bedeutet, kann man darüber praktisch endlos streiten.

Siehe auch

1)
Svenson, Ola (1981). Are we all less risky and more skillful than our fellow drivers? Acta Psychologica, Band 47, Ausgabe 2, Seiten 143-148; https://doi.org/10.1016/0001-6918(81)90005-6

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