====== Viersatz (Logik) ======
Ungültiger [[begriffe:syllogismus|Syllogismus]], der mehr als drei Begriffe enthält (typischerweise genau vier); meist aufgrund einer [[begriffe:aequivokation:hauptseite|Äquivokation]] eines der Begriffe.
In der einfachsten Form kann ein Viersatz etwa wie folgt aussehen:
> Alle //Quadrate// sind //Rechtecke//.
> Alle //Kreise// sind //Ellipsen//.
> Daraus folgt: ???
Aus den beiden nicht über einen gemeinsamen Mittelbegriff verbundenen Aussagen lässt sich keine Schlussfolgerung ableiten.
===== Andere Namen =====
* Vierheit der Begriffe
* Quaternio Terminorum
* [[en>logic/formal_fallacies/four-term_fallacy/index|Four-term fallacy]]
===== Beschreibung =====
Der Begriff „Viersatz“ beschreibt einen [[begriffe:syllogismus|Syllogismus]], der //vier// (anstelle der regulären //drei//) Begriffe enthält. Ein solcher Schluss bricht mit den formalen Bedingungen für //Syllogismen//, mit anderen Worten: Er ist //ungültig//.
Dass diese Begriffe wie im obigen Beispiel deutlich als vier verschiedene zu erkennen sind, dürfte hierbei allerdings die Ausnahme sein. In den meisten Fällen kommt dieser Fehler daher, dass es eine //Mehrdeutigkeit// in den Begriffen ([[begriffe:aequivokation:hauptseite|Äquivokation]]) gibt, wie in dem folgenden Beispiel:
> Alle Linsen sind Hülsenfrüchte.
> Alle Fotoapparate enthalten Linsen.
> Daraus folgt: Alle Fotoapparate enthalten Hülsenfrüchte.
Die „Linsen“ in der ersten Prämisse und der gleich lautende Begriff in der zweiten sind nur scheinbar identisch: sie bezeichnen zwei verschiedene //Begriffsmengen// ([[begriffe:extension|Extension]]) und sollten daher als zwei //verschiedene// Begriffe verstanden werden (die nur „zufällig“ mit dem gleichen Wort bezeichnet werden).
Das obige Beispiel ist daher zwar ein //scheinbar// formell korrekter //Syllogismus// der Form „[[logik:schlussformen:modus_barbara:hauptseite|Modus Barbara]] [[app>#barbara|Modus Barbara in Syllogismus-Finder App öffnen]]“, aber da er so //vier// verschiedene Begriffe enthält, ein //Viersatz// und damit auch formell //nicht gültig//.
Dies wird offensichtlich, wenn man den Begriff „Linsen“ mit unzweideutigen Alternativen Audrücken ersetzt:
> Alle //Früchte der Lens culinaris// sind Hülsenfrüchte.
> Alle Fotoapparate enthalten //transparente Objekte zum Zwecke der Lichtbeugung//.
> Daraus folgt: (//kein Schluss möglich//)
In den meisten Fällen (aber nicht immer!) betrifft eine solche Mehrdeutigkeit den //Mittelbegriff//, also den Ausdruck, welcher den Ober- und den Untersatz miteinander verbindet und der daher in beiden Prämissen vorkommt. Siehe auch [[logik:fehlannahmen:viersatz:mehrdeutiger_mittelbegriff|Mehrdeutiger Mittelbegriff]].
==== Abgrenzung zu anderen Fehlern ====
Der „Viersatz“ ist ein recht allgemeiner Fehler in der Formulierung von Syllogismen. Um ihn auf andere Schlussformen (z.B. [[logik:schlussformen:konstruktives_dilemma|Konstruktives Dilemma]]) anzuwenden, muss gewöhnlich zumindest die Zahl der erwarteten Begriffe angepasst werden.
Eine spezifische Form des Viersatzes ist der [[logik:fehlannahmen:viersatz:mehrdeutiger_mittelbegriff|mehrdeutige Mittelbegriff]], wobei dieser in zwei verschiedenen Bedeutungen in den Prämissen auftritt. Auch wenn dies wahrscheinlich die Form ist, in welcher der //Viersatz// am häufigsten zu finden ist, sollte man aber dennoch darauf achten, dass nicht einmal einer der //Schlussbegriffe// in der Konklusion in einer anderen Bedeutung als in der Prämisse auftaucht.
Kein „Viersatz“, aber ein verwandter Mehrdeutigkeitsfehler ist es dagegen, wenn das Verb in den Aussagen mehrdeutig ist (siehe: [[begriffe:aequivokation:hauptseite?#aequivokation_von_verben|Äquivokation§Äquivokation von Verben]]).
Sind die einzelnen Prämissen jedoch //in sich// mehrdeutig, spezifisch durch eine [[begriffe:aequivokation:amphibolie|Amphibolie]], also eine //grammatikalische// Mehrdeutigkeit, spricht man von einer [[mehrdeutigkeit:syntaktische_ambiguitaet:hauptseite|syntaktischen Ambiguität]].
===== Gültige Verwendung =====
==== Enthymem ====
Kein Fehler (allerdings eine unsaubere Beweisführung) besteht dagegen, wenn ein Teil des Schlusses nur impliziert wurde, etwa durch Weglassen von Zwischenschritten eines mehrteiligen Argumentes. Eine solche Form nennt man ein logisches [[begriffe:enthymem_logik|Enthymem]].
Beispiel:
> Alle Menschen sind sterblich.
> Sokrates war ein Mann.
> Daraus folgt: Sokrates ist sterblich.
Die Verbindung vom Ober- zum Untersatz kann hier durch einen impliziten Syllogismus hergestellt werden, der etwa die folgende Form hat:
> Alle Menschen sind sterblich.
> Alle Männer sind Menschen.
> Daraus folgt: Alle Männer sind sterblich.
Daraus entsteht dann der folgende (gültige) Schluss:
> //Alle Männer sind sterblich.//
> Sokrates war ein Mann.
> Daraus folgt: Sokrates ist sterblich.
Allerdings werden solche Formen auch oft als rhetorisches Mittel verwendet, um von etwaigen Schwächen in einer Argumentation abzulenken. Siehe hierzu: [[begriffe:enthymem_rhetorik|Enthymem (Rhetorik)]].
===== Siehe auch =====
* [[begriffe:aequivokation:hauptseite|Äquivokation]]
* [[begriffe:extension|Extension]]
* [[logik:fehlannahmen:viersatz:mehrdeutiger_mittelbegriff|Mehrdeutiger Mittelbegriff]]
* [[begriffe:syllogismus|Syllogismus]]
===== Weitere Informationen =====
* [[wp>Fallacy of four terms]] auf //Wikipedia// (Englisch)
* [[http://www.fallacyfiles.org/fourterm.html|The Four Term Fallacy]] auf Fallacy Files (Englisch)
* [[https://www.logicallyfallacious.com/tools/lp/Bo/LogicalFallacies/90/Fallacy-of-Four-Terms|Fallacy of Four Terms]] auf Logically Fallacious (Englisch)
* [[https://rationalwiki.org/wiki/Four-term_fallacy|Four-term fallacy]] auf RationalWiki (Englisch)