====== Trugschluss der Division ======
Ein [[logik:fehlschluesse:hauptseite|Fehlschluss]] in Form eines [[logik:emergenzfehler:hauptseite|Emergenzfehlers]], bei dem unzulässig von Eigenschaften eines Ganzen auf dessen Bestandteile geschlossen wird.
> Die Blumen auf dieser Wiese haben viele verschiedene Farben.
> Diese Blume steht auf der genannten Wiese.
> Folglich ist auch diese Blume vielfarbig.
Offensichtlich ist die Eigenschaft „Vielfarbigkeit“ in diesem Fall etwas, was erst dadurch zustande kommt, dass viele (unterschiedlich gefärbte) Blumen gemeinsam an einem Ort vorkommen. Eine solche Eigenschaft vom Ganzen (hier: der Wiese) auf die Teile (die Blumen) zu übertragen, bedürfte weiterer Informationen, die hier aber nicht gegeben sind.
===== Andere Namen =====
* Teilungsfehler
* [[logik:emergenzfehler:homoiomerien|Homöomerien]]
* Fallacy of division
* Fallacia divisionis
===== Beschreibung =====
Der //Trugschluss der Division// ist das Gegenstück zum [[logik:emergenzfehler:trugschluss_der_komposition|Trugschluss der Komposition]] und besteht darin, dass Eigenschaften, die erst in einer höheren systemischen Ebene oder in der Kombination von mehreren Elementen zutage tritt, unzulässig auf eine niedrigere Ebene bzw. Teilmenge übertragen werden.
Mit anderen Worten: Eigenschaften, die nur dadurch entstehen, dass die Einzelteile zusammenspielen, sind keine, die sich notwendigerweise auch in den Bestandteilen wiederfinden lassen ([[begriffe:emergenz|Emergenz]]).
==== Abgrenzung ====
Es gibt mehrere sehr ähnliche Fehlschlüsse, die auch nicht immer deutlich gegeneinander abgegrenzt werden und daher zumindest unter bestimmten Umständen auch Synonyme für diesen Fehler sein können. Dazu gehören der [[verallgemeinerung:mereologischer_fehlschluss|mereologische Fehlschluss]], bei dem es spezifisch um Teile eines Systemes geht, sowie der [[mathematik:statistik:interpretationsfehler:oekologischer_fehlschluss|ökologische Fehlschluss]], der sich auf die Übertragung von statistischen Merkmalen auf die Mitglieder einer Population bezieht.
===== Beispiele =====
==== Bewusstsein ====
Das [[wpde>Bewusstsein]] ist ein komplexes philosophisches (und [[wpde>Neurologie|neurologisches]]) Phänomen, welches zahlreiche Fragen aufwirft, die sich bisher nicht abschließend klären ließen. Dazu gehören u.a. die Fragen, wie die Erfahrung von „Bewusstsein“ in unserem Nervensystem entsteht und welche anderen Lebensformen es auf eine vergleichbare Weise erfahren.
Ein gelegentlich gehörter Vorschlag, diese Probleme zu umgehen kann etwa wie folgt formuliert werden:
> „Was, wenn das Bewusstsein nicht im Nervensystem angesiedelt,
> sondern eine Eigenschaft von Atomen und Molekülen ist?“
Mit anderen Worten: es wird vorgeschlagen, //Bewusstsein// nicht als [[begriffe:emergenz|emergentes]] Merkmal eines komplexen Nervensystems anzusehen, sondern als //resultantes// Merkmal, dass bereits auf der molekularen oder atomaren (und manchmal sogar sub-atomaren) Ebene angelegt ist.
Hiermit wird das Problem des Bewusstseins natürlich nicht gelöst, sondern nur von der einen auf eine andere Ebene verschoben, denn aus dieser Position ergibt sich vor allem wieder eine neue Frage, nämlich //wie// das Bewusstsein auf der Ebene von Atomen bzw. Molekülen angelegt sein kann – ganz zu schweigen davon, in wieweit diese Erklärung //besser// sein soll, als wenn man Bewusstsein als eine //emergente// Eigenschaft eines komplexen Nervensystems betrachtet.
==== Zenons Pfeilparadoxon ====
Der griechische Philosoph [[wpde>Zenon von Elea]] ist heute vor allem für die von ihm beschriebenen [[wpde>Paradoxon|Paradoxien]] bekannt. Eines seiner bekanntesten, das sogenannte „[[wpde>Pfeil-Paradoxon|Pfeil-Paradox]]“ kann wie folgt formuliert werden:
> Ein Pfeil befindet sich zu jedem Zeit//punkt //während seines Fluges an einem bestimmten Ort.
> Während jedes Zeit//punktes// (der ja eine Länge von 0 hat) gibt es keine Bewegung.
> Was aber für jeden Zeit//punkt// während einer Zeit//spanne// wahr ist, muss auch für die Zeitspanne //als Ganzes// wahr sein.
> Also kann der Pfeil sich nicht bewegen.
Was //Zenon// übersieht (oder wovon er elegant ablenkt) ist, dass Bewegung erst über einen Zeit//raum// entsteht, d.h. erst, wenn eine Menge von Zeitpunkten zusammenkommt. Sie ist nicht in den Zeit//punkten// angelegt.
Streng genommen ist Bewegung kein echtes //[[begriffe:emergenz|emergentes]]// Merkmal, da sie sich auch aus Kenntnis aller physischen Eigenschaften des Objektes zu den einzelnen Zeit//punkten// ableiten lässt (insbesondere aus Kenntnis der Bewegungsenergie). Auf jeden Fall entsteht Bewegung aber erst in einem Zeit//raum//, nicht zu einem Zeit//punkt//.
===== Siehe auch =====
* [[verallgemeinerung:akzidensfehler:hauptseite|Akzidensfehler]]
* [[verallgemeinerung:mereologischer_fehlschluss|Mereologischer Fehlschluss]]
* [[mathematik:statistik:interpretationsfehler:oekologischer_fehlschluss|Ökologischer Fehlschluss]]
* [[logik:emergenzfehler:trugschluss_der_komposition|Trugschluss der Komposition]]
==== Lernmaterialien ====
* [[lern>allgemein/teil_und_ganzes/emergenz/hauptseite|Teil und Ganzes › Emergenz]]
===== Weitere Informationen =====
* [[http://www.fallacyfiles.org/division.html|Division]] auf Fallacy Files (Englisch)