====== Syllogismus ====== Ein Syl­logis­mus ist ein log­ischer Schluss, bei dem zwei [[begriffe:kategorische_aussage|kate­gor­ische Aus­sagen]] mit ins­gesamt //drei Be­grif­fen// als Prä­mis­sen, so ver­bunden werden, dass da­raus eine neue Aus­sage als Schluss­folg­er­ung ab­ge­leitet werden kann. Ursprünglich be­zeich­nete der Be­griff (bei­nahe) jede Form von [[begriffe:deduktion|de­duk­tivem Schluss]], heute wird er aus­schließ­lich für Formen be­nutzt, die auf ge­nau //zwei Prä­missen// mit genau //drei Be­griffen// auf­bauen. Beispiel: > Alle //Athener// sind //Griechen//. > //Sokrates// ist ein //Athener//. > Daraus folgt: //Sokrates// ist ein //Grieche//. ===== Terminologie ===== Der erste (obere) Satz wird als „**Ober­satz**“ (Lat.: prae­missa major) be­zeich­net, der zweite als „**Unter­satz**“ (Lat.: prae­missa minor). Beide zu­sam­men bilden die „Prä­missen“. Ent­sprech­end kann man diese beiden Sätze auch „erste“ und „zweite Prä­misse“ nennen. Aus den Prä­mis­sen ergibt sich der „**Schluss­satz**“, auch „Kon­klu­sion“ (von Lat.: con­clu­sio) ge­nannt; Auch „Er­geb­nis­satz“ oder ganz ein­fach der „Schluss“ sind ge­bräuch­liche Be­zeichner. Der Begriff in der Schluss­folgerung, der aus dem //Ober­satz// her­vor­geholt wird (im Bei­spiel: „Griechen“), wird als „**Ober­begriff**“ be­zeich­net; der and­ere, aus dem //Unter­satz// über­nom­mene (hier: „Sok­ra­tes“) ent­sprech­end als „**Unter­begriff**“. Da diese beiden den Schluss­satz bilden, werden sie auch „Schluss­begriffe“ genannt. Und schließ­lich bleibt der dritte, die beiden Prä­mis­sen ver­bind­ende Aus­druck (im Bei­spiel: „Athener“). Dieser wird als „**Mittel­begriff**“ bezeichnet. ==== Stärke von Schlüssen ==== Als „Stärke“ bezeichnet man die Aus­sagekraft, die ein Schluss hat. Hier­bei gelten solche Schlüsse, die auf einen [[begriffe:allsatz|All­satz]] schließen als stärker als solche, die „nur“ einen [[begriffe:existenzsatz|Exis­tenz­satz]] als Schluss haben. Dies ist ins­besondere rele­vant für Formen, bei denen //beides// möglich ist. Zum Bei­spiel haben sowohl der [[logik:schlussformen:modus_barbara:hauptseite|Modus Bar­bara]], als auch der [[logik:schlussformen:modus_barbara:modus_barbari|Modus Bar­bari]] ident­ische Prä­mis­sen; Letzt­erer schließt jedoch „nur“ auf einen //Exis­tenz­satz// und ist damit der //schwäch­ere// von den beiden. ==== Existenzvoraussetzung ==== Es erscheint un­intui­tiv, aber ein [[begriffe:allsatz|All­satz]] kann genau des­wegen //wahr// sein, weil er sich auf etwas be­zieht, das über­haupt nicht exis­tiert. So gilt etwa für die Aus­sage: „Alle Ein­hörner sind un­sterb­lich“, dass sie gerade des­wegen //wahr// ist, weil es eben keine Ein­hörner gibt, die je­mals sterben könnten (siehe hier­zu auch: [[begriffe:leere_wahrheit|Leere Wahr­heit]]). Darin unter­scheiden sich All- von [[begriffe:existenzsatz|Exis­tenz­sätzen]]. Letzt­ere impli­zieren – wie schon der Name ver­rät – dass etwas auch tat­sächlich //exist­iert//. Formt man also die obige Aus­sage in einen Exis­tenz­satz um, wie z.B.: „es exis­tieren Ein­hörner, die un­sterb­lich sind“, dann ist dies //un­gültig//, weil hier eine Exis­tenz vor­aus­gesetzt wurde, die zu­erst noch zu be­weisen ge­wesen wäre. Dieser Unter­schied wird immer dann rele­vant, wenn von einem All­satz auf einen Ex­ist­enz­satz ge­schlos­sen wird. In diesen Fällen muss als Neben­beding­ung stets auch be­wiesen werden, dass die [[begriffe:extension|Ex­tens­ion]] eines re­le­vanten Be­griffes (die „Be­griffs­menge“) nicht leer ist. Mehr hier­zu unter: [[logik:fehlannahmen:leere_begriffsmenge|Fehler der leeren Be­griffs­menge]]. ===== Wahrheitsgehalt ===== Ein Syl­log­is­mus kann nicht //wahr// oder //falsch//, sondern nur //gültig// oder //ungültig// sein. Bei einer //gült­igen// Form ist sicher gestellt, dass sich aus //wahren// Aus­sagen in den Prä­mis­sen­sätzen auch ein //wahrer// Schluss­satz ergibt. Ist die Form dagegen //un­gültig//, oder ist //wenigs­tens eine// der beiden Prä­mis­sen //falsch//, ist der Wahr­heits­wert der Schluss­aus­sage //un­be­stimmt//. Dies be­deutet, dass auch aus einer //un­gült­igen// Form oder aus //falschen// Prä­mis­sen nicht ge­schlos­sen werden kann, dass der hier­aus ge­zogene Schluss //falsch// sei. Für mehr Infor­ma­tionen hier­zu: [[relevanz:argumentum_ad_logicam:hauptseite|Argu­mentum ad Logicam]]. ===== Typisierung von Aussagen ===== In Syllogismen können vier Arten von Grundaussagen (sog. „[[begriffe:kategorische_aussage|kategorische Aussagen]]“) erscheinen, die unterschiedliche Eigenschaften haben:
^ Typ ^ Quantität ^ Qualität ^ Formulierung ^ [[begriffe:verteilung|Verteilung]] ^ ^ A | [[begriffe:allsatz|Allgemein]] | bejahend | „alle S sind P | Nur Subjekt | ^ E | [[begriffe:allsatz|Allgemein]] | verneinend | „kein S ist P | Beides | ^ I | [[begriffe:existenzsatz|Existenz]] | bejahend | „einige S sind P | Keines | ^ O | [[begriffe:existenzsatz|Existenz]] | verneinend | „einige S sind nicht P | Nur Prädikat |
Diese Begriffe können in den folgenden vier Formen verbunden sein: ^ ^ Form 1 ^ Form 2 ^ Form 3 ^ Form 4 ^ ^ Obersatz | MO | OM | MO | OM | ^ Untersatz | UM | UM | MU | MU | ^ | |||| ^ Schlusssatz | UO | UO | UO | UO |
Aus der Kombination von drei Sätzen mit vier möglichen Aussagetypen in vier Figuren ergeben sich 256 (theoretisch) mögliche Syllogismen. Von diesen sind jedoch die allermeisten (genau 232) //un­gültig//, da sie gegen wenigstens eine der formellen Regeln für gültige Schlüsse verstoßen. Es bleiben somit 24 gültige Formen, die hier im Bereich [[logik:schlussformen:hauptseite|Schluss­formen]] genauer erklärt werden. ===== Namensgebung ===== In der klassischen Logik sind für die gültigen Syllogismen leichter zu merkende Kunstnamen üblich. Diese werden nach einer Reihe von Regeln gebildet, die hier //vereinfacht// wieder­gegeben werden: * Der **Anfangsbuchstabe** zeigt auf, aus welcher „Syllo­gis­men-Familie“ sie stammen; z.B. sind alle Syllogismen, die mit **B** beginnen mit der Form [[logik:schlussformen:modus_barbara:hauptseite|Barbara]] verwandt und lassen sich auf diese zurückführen. * Jeder Name enthält genau **drei Vokale**, welche die logischen Formen von Obersatz, Untersatz und Schlussfolgerung (in dieser Reihenfolge) durch die Vokale **A**, **E**, **I** oder **O** widerspiegeln. Siehe die Tabelle oben für die Typisierung * Weitere Konsonanten („c“, „m“ „p“ und „s“) geben Hinweise darauf, wie eine Umformung zur Grundform durchgeführt werden muss. Auf dieser Grundlage erhält man die folgenden 24 Formen, die sich in nach ihren vier Grundformen gruppieren lassen: * **[[logik:schlussformen:modus_barbara:hauptseite|Modus Barbara]]**, mit Varianten: [[logik:schlussformen:modus_barbara:modus_baroco|Baroco]], [[logik:schlussformen:modus_barbara:modus_bocardo|Bocardo]], [[logik:schlussformen:modus_barbara:modus_barbari|Barbari]] und [[logik:schlussformen:modus_barbara:modus_bamalip|Bamalip]]. * **[[logik:schlussformen:modus_celarent:hauptseite|Modus Celarent]]**, mit Varianten: [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_calemes|Calemes]], [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_calemos|Calemos]], [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_camestres|Camestres]], [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_camestros|Camestros]], [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_celaront|Celaront]], [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_cesare|Cesare]] und [[logik:schlussformen:modus_celarent:modus_cesaro|Cesaro]]. * **[[logik:schlussformen:modus_darii:hauptseite|Modus Darii]]**, mit Varianten: [[logik:schlussformen:modus_darii:modus_dimatis|Dimatis]], [[logik:schlussformen:modus_darii:modus_datisi|Datisi]], [[logik:schlussformen:modus_darii:modus_disamis|Disamis]] und [[logik:schlussformen:modus_darii:modus_darapti|Darapti]]. * **[[logik:schlussformen:modus_ferio:hauptseite|Modus Ferio]]**, mit Varianten: [[logik:schlussformen:modus_ferio:modus_festino|Festino]], [[logik:schlussformen:modus_ferio:modus_ferison|Ferison]], [[logik:schlussformen:modus_ferio:modus_felapton|Felapton]], [[logik:schlussformen:modus_ferio:modus_fesapo|Fesapo]] und [[logik:schlussformen:modus_ferio:modus_fresison|Fresison]]. ==== Welcher Syllogismus ist das? ==== Mit dem [[app:syllogism-finder:de|Syllogismus-Finder]] [[app>#|Syllogismus-Finder]] können Sie durch Aus­wählen von Prämissen und dazu passenden Schluss­sätzen schnell die richtige Schluss­form finden – oder zu­mind­est die Regeln, wegen derer diese Form nicht möglich ist: ===== Typische Fehlschlüsse ===== ==== Mehrdeutige Begriffe ==== Jeder (gültige) Syllogismus besteht aus genau //zwei// Prämissen und //einem// Schluss, die jeweils kategorische Aussageformen darstellen. In diesen drei Aussagen werden //genau drei// eindeutige Begriffe verwendet. Wenn mehr Begriffe gebraucht werden (meist //vier//), spricht man von einem sog. „[[logik:fehlannahmen:viersatz:hauptseite|Viersatz]]“. Dies geschieht gewöhnlich dadurch, dass ein Begriff in zwei verschiedenen Bedeutungen verwendet wird ([[begriffe:aequivokation:hauptseite|Äqui­voka­tion]]) und das wiederum am häufigsten dadurch, dass der Mittelbegriff, der ja die beiden //Prä­missen// verbinden soll, in diesen in unter­schied­lichen Bedeutungen auftaucht. Dies ist ein Spezialfall des //Viersatzes//, der sogenannte „[[logik:fehlannahmen:viersatz:mehrdeutiger_mittelbegriff|Fehler des mehrdeutigen Mittelbegriffs]]“. ==== Verteilungsfehler ==== Der Begriff „[[begriffe:verteilung|Verteilung]]“ (auch: „Dis­tri­bution“) beschreibt die Eigenschaft eines Ausdrucks, sich auf das Ganze oder auf einen Teil der Gesamt­menge zu beziehen. Offen­sicht­lich kann man von einer Aussage, die sich auf eine Teilmenge bezieht, keinen Schluss auf oder über die Gesamtmenge ziehen. Mehr hierzu unter [[logik:verteilungsfehler:hauptseite|Verteilungsfehler]]. Der //Mittelbegriff// muss in mindestens einer der Prämissen an einer //verteilten// Posi­tion erscheinen (z.B. in einer ‚A‘‑Aus­sage als //Subjekt//). Ein (Fehl-)Schluss, bei dem dies nicht geschieht, bezeichnet man als „[[logik:verteilungsfehler:unverteilter_mittelbegriff|Fehler des unverteilten Mittel­begriffes]]“. Ebenso gilt der Grundsatz, dass ein Begriff, der im Schlusssatz verteilt ist, in der jeweiligen Prämisse (im Ober- oder Untersatz) auch an einer verteilten Position stehen muss. Traditionell wird hier zwischen Fehlern im Ober- und Unter­begriff unterschieden, zur Ver­ein­fach­ung sind diese hier aber als Fehler des [[logik:verteilungsfehler:unverteilter_schlussbegriff|unverteilten Schluss­begriffes]] zu­sammen­gefasst. ===== Siehe auch ===== * [[begriffe:dictum_de_omni_et_nullo|Dictum de omni et nullo]] * [[begriffe:enthymem_rhetorik|Enthymem]] * [[begriffe:kategorische_aussage|Kategorische Aussage]] ===== Weitere Informationen ===== * [[wpde>Syllogismus]] auf //Wikipedia// * [[wpde>Kategorisches Urteil]] auf //Wikipedia// * [[stanford>medieval-syllogism|Medieval Theories of the Syllogism]] auf Stanford Encyclopedia of Philosophy (Englisch) * [[https://www.aphin.de/data/franz-syllogismen.pdf|Syllogismen und ihre Fehler]] (PDF) von //Jürgen H. Franz// {{page>templates:banner#Short-BG-Logic&noheader&nofooter}}