====== Enthymem (Rhetorik) ====== Von Griechisch: enthýmema [ἐνθύμημα]: Gedanke, Argument. Ein rhe­tor­isches Stil­mit­tel, bei dem ein Teil einer Ar­gu­men­ta­tion (meist eine Prä­mis­se) nur im­pli­ziert, an­statt aus­for­mu­liert wird. Als solches rhe­tor­isches Mit­tel findet man es z.B. in der fol­genden Aus­sage: > „Drei Farben: Blau“ ist ein franz­ös­ischer Film, daher ist er lang­weilig. Hierin ver­steckt sich die im­pli­zierte Be­haupt­ung „alle franz­ös­ischen Filme sind lang­weilig“. Eine Aus­sage der ver­mut­lich nicht alle Film­freunde vor­be­halt­los zu­stim­men würden. ===== Beschreibung ===== Der spezifische Gebrauch dieses Be­grif­fes hat sich im Laufe der Zeit immer wieder ge­änd­ert. Ur­sprüng­lich waren da­mit ver­schied­ene Formen von rhe­tor­ischer Über­zeug­ungs­rede ge­meint. Dies um­fas­ste ins­be­sond­ere auch Ar­gu­men­ta­tionen, welche wir heute als [[begriffe:induktion|in­duk­tiv]] bzw. [[begriffe:abduktion|ab­duk­tiv]] be­zeich­nen würden. Schon [[wpde>Aristoteles|Aris­to­te­les]] hat aber den As­pekt her­vor­ge­hoben, dass beim //Ent­hy­mem// Prä­mis­sen weg­ge­las­sen werden kön­nen, die anderen Teil­nehm­ern be­kannt und all­ge­mein ak­zept­iert sind. Ein Beispiel für ein solches Ar­gu­ment wäre: > Sokrates ist sterb­lich, weil er ein Mensch ist. Die hierbei im­pli­zierte Prä­misse „alle Men­schen sind sterb­lich“ ist sicher allen bekannt und kann als un­be­strit­ten an­ge­nom­men werden. Daraus ergibt sich auch der moderne Ge­brauch dieses Be­grif­fes, der sich spe­zi­fisch darauf be­zieht, dass ein Teil oder Teile der Ar­gu­men­ta­tion weg­ge­las­sen werden. Während ein //Enthymem// meist als Weg­lassen von Prä­missen ver­standen wird, kann es sich auch auf fehl­ende Schluss­sätze be­ziehen, so wie hier: > Wenn der Luft­druck fällt, dann heißt das meistens Sturm. > Seit heute morgen ist der Luft­druck gefallen. Die Konklusion „es wird (wahr­schein­lich) Sturm geben“ kann hier prob­lem­los weg­ge­lassen werden. ==== Rhetorische Enthymem ==== Als rhetorisches Stil­mittel sind Ent­hy­mem weit ver­breitet und auch häufig sinn­voll: würde man jede Prä­misse, die in einer Ar­gu­men­ta­tion heran­ge­zogen wird, aus­for­mu­lieren, wäre das sicher eher er­müd­end für das Pub­likum und auch für andere Dis­kus­sions­teil­nehmer. Es spricht also nichts da­ge­gen, sol­che Posi­ti­onen als ge­ge­ben an­zu­nehmen. Problematischer ist es, wenn //Ent­hy­mem// ver­wendet werden, um Po­si­ti­onen vor­zu­bringen, die gerade //nicht// all­ge­mein an­er­kannt sind und die wo­mög­lich zu­nächst aus­dis­ku­tiert werden müssten. > Epimenides ist ein Lügner, weil er ein Kreter ist. Die hierin im­pli­zierte Prä­misse „alle Kreter sind Lüg­ner“ wäre zu­mind­est dis­kus­sions­würdig und würde wahr­schein­lich zu­mind­est in dieser strikten Form (als [[begriffe:allsatz|All­satz]]) auch keiner ge­nau­eren Über­prüf­ung stand­halten. Es ist nicht schwer zu sehen, dass es sich ge­rade­zu an­bietet, sol­che „ver­steckten“ Ar­gu­mente auf [[rhetorik:unfaire_diskussionstaktiken:hauptseite|un­faire]] Weise zu ge­brauchen, etwa um eine Dis­kus­sion mit [[rhetorik:unfaire_diskussionstaktiken:unterstellungen|Unter­stell­ungen]] zu [[rhetorik:unfaire_diskussionstaktiken:brunnenvergiftung|ver­giften]], oder um [[rhetorik:unfaire_diskussionstaktiken:verwirrungstaktiken:alternative_fakten|Be­haupt­ungen]] auf­zu­stel­len, die sich so nur schwer über­prüfen lassen. ===== Siehe auch ===== * [[begriffe:enthymem_logik|Enthymem (Logik)]] ===== Weitere Informationen ===== * [[wpde>Enthymem]] auf //Wikipedia// {{page>templates:banner#Short-BG-Rhetoric&noheader&nofooter}}